Das FBI hatte die Verwendung von "Pegasus" bereits vorbereitet.

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Im Dezember 2021 musste der Direktor des Federal Bureau of Investigation (FBI), Christopher A. Wray, in einem nichtöffentlichen Hearing dem US-Senat Rede und Antwort stehen. Das Thema: Hat das FBI die Spionagesoftware Pegasus gekauft und benutzt?

Wray gab damals an, das FBI hätte zwar eine Lizenz für die Software erworben, allerdings nur für "Forschungs- und Entwicklungszwecke". Wie eine Recherche der "New York Times" zeigt, dürfte das allerdings nicht die ganze Wahrheit gewesen sein.

"Spezifische Schritte" und Richtlinien für Staatsanwälte

Nach FBI-internen Dokumenten, die der "Times" dank US-Informationsfreiheitsgesetz vorliegen, bemühten sich FBI-Beamte offenbar intensiv darum, die Software künftig auch in Ermittlungen einsetzen zu dürfen. Präsentationen aus dem Herbst 2020 enthielten etwa "detaillierte Diskussionen der potenziellen Vorteilen und Risiken der Verwendung des NSO-Tools" und "Vorschläge für spezifische Schritte des FBI oder des Justizministeriums vor der Entscheidung, ob das NSO-Tool verwendet werden soll oder nicht".

Ende März 2021, kurz nach Joe Bidens Einzug ins Weiße Haus, warb die Criminal Investigative Division des FBI in einem 25-seitigen Memorandum intensiv für die Verwendung von Pegasus "unter bestimmten Bedingungen", die aber nicht weiter ausgeführt wurden. Tage später erstellte dieselbe Abteilung bereits Richtlinien, wie Staatsanwälte mit Beweismitteln umgehen sollen, die mithilfe von Pegasus gesammelt wurden.

Im Mai 2021 bereitete die Criminal Investigative Division für ein Briefing von FBI-Direktor Wray ein Dokument zur potenziellen Nutzung von Pegasus vor, allerdings konnte die "Times" keine Belege dafür finden, dass Wray tatsächlich damit gebrieft worden wäre, oder gar dafür, welchen Standpunkt der FBI-Direktor dazu vertreten hatte. Das FBI gab an, dass man Ende Juli 2021 entschieden habe, "alle Bemühungen, Pegasus verwenden zu dürfen, einzustellen".

Wrays Aussagen "irreführend"

Der demokratische Senator Ron Wyden, der Wray Ende 2021 befragt hatte, gab bekannt, es sei "völlig inakzeptabel, dass der FBI-Direktor irreführende Aussagen über den Erwerb leistungsfähiger Hacking-Tools durch das FBI macht und dann monatelang wartet, um dem Kongress und dem amerikanischen Volk die ganze Geschichte zu erzählen."

Das FBI schulde den Amerikanerinnen und Amerikanern eine "klare Erklärung darüber, ob der künftige operative Einsatz von NSO-Tools noch zur Debatte steht", sagte Wyden zu den "Times"-Enthüllungen.

Vonseiten des FBI hieß es, die Aussagen von Wray seien trotz der von der "Times" veröffentlichten Dokumente korrekt gewesen, es habe schließlich "keine operative Verwendung des NSO-Produkts zur Unterstützung von FBI-Ermittlungen" gegeben.

Pegasus: Komplett-Hack von Smartphones ohne Zutun des Besitzers

Das Spyware-Tool Pegasus, das von der israelischen NSO Group entwickelt wird, ermöglichte einen sogenannten Zero-Click-Hack von Mobilgeräten. Smartphones konnten damit aus der Ferne komplett übernommen werden, ohne dass die Besitzerin oder der Besitzer des Gerätes dafür auf einen Link tippen oder gar aktiv eine Schadsoftware installieren mussten.

Wer das Tool verwendet, kann nach einem erfolgreichen Hack nicht nur auf alle auf dem Smartphone gespeicherten Daten zugreifen, sondern das Gerät auch dafür nutzen, dessen Besitzer oder Besitzerin zu tracken sowie Ton- und Bildaufnahmen zu machen.

Um die Funktion des Tools zu gewährleisten, bedient sich die NSO Group am Markt für sogenannte Zero Days, also offene Sicherheitslücken in weitverbreiteten Softwareanwendungen, über die die Entwickler der jeweiligen Software noch nicht Bescheid wissen. Häufig wird dabei an die Höchstbietenden verkauft, ohne auf deren Hintergrund zu achten.

Verwendung auch in Europa

Das Tool wurde bereits an dutzende Staaten verkauft. Neben Ermittlungen zu Pädophilenringen, Terrornetzwerken und Drogenkartellen wird Pegasus jedoch auch in Europa dafür verwendet, außerhalb von Ermittlungen etwa Journalistinnen und Journalisten oder politische Gegner auszuspionieren.

Die spanische Regierung hatte Pegasus etwa dafür verwendet, katalanische Separatisten zu bespitzeln. Auch in Polen, Ungarn, Griechenland und auf Zypern gibt es Hinweise darauf, dass das Spionagetool gegen politische Gegner eingesetzt wurde, wie ein Bericht des EU-Parlaments zeigt. (Jonas Heitzer, 14.11.2022)