Der frühere Grünen-Politiker Christoph Chorherr war der erste Angeklagte, der in der Verhandlung zur Korruptionscausa befragt wurde. Er bekannte sich nicht schuldig.

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Ein wenig wirkte es, als hielte Christoph Chorherr eine politische Rede. Mit den für ihn typischen ausladenden Gesten, Arme und Hände nicht ruhen lassend, schilderte er am Montag, wie es einst dazu kam, dass er den gemeinnützigen Verein S2Search gründete. Der sollte später Kindergärten und Schulen in Südafrika errichten und beschäftigt nun das Gericht. Hätte die Szene nicht im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts Wien gespielt, am zweiten Tag des nach Chorherr benannten Korruptionsprozesses, man hätte glauben können, der heute 61-Jährige sei in seinem Element. Er sollte sich später auf entsprechende Frage von Richter Michael Tolstiuk als nicht schuldig bekennen.

Südafrika im Gerichtssaal

Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des größten Verhandlungssaals des Gerichts, saßen die zahlreichen Schöffinnen und Schöffen und hörten dem Erstangeklagten aufmerksam zu, betrachteten die Fotos der vom Verein errichteten Schulen und Kindergärten und der von ihm unterstützten Kinder, die Chorherr in seinem Eingangsstatement in einer Slideshow zeigte. Im Prozess geht es um den Vorwurf, Chorherr habe sich durch Spenden an seinen Verein fürs Projekt Ithuba in Südafrika von Mitangeklagten wie Michael Tojner, Investmentbanker Wilhelm "Willi" Hemetsberger, René Benko oder den Immobilienentwicklern Erwin Soravia und Günter Kerbler bestechen und zum Amtsmissbrauch bei Widmungen für Immoprojekte der Angeklagten anstiften lassen.

Angeklagt hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch zahlreiche Unternehmen, die von den Widmungen profitiert hätten. Alle Angeklagten bestreiten das, und für sie alle gilt die Unschuldsvermutung.

Entstanden sei die Idee für den Verein 1995, als das Apartheidregime Südafrikas zu Ende ging, da sei er zu Wiens Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ) gestürmt, mit dem Ansinnen, "wir als wohlhabende Stadt sollten dort unterstützen", und der habe ihn prompt "runtergeschickt", um zu schauen, was man tun könne. Entstanden sei ein College, das es heute noch gebe. Wortreich schilderte Chorherr in der Folge, wie sich Hemetsberger ins Projekt Ithuba "verliebte", er zähle heute noch zu den größten Spendern, sagte der Angeklagte später auf Fragen des Richters. Hemetsberger sei so begeistert gewesen, dass er sogar seine Gesellschaft in Ithuba Capital umbenannt habe. Egal, wer gespendet habe, "geheim" sei das alles nicht gelaufen, anders, als es die WKStA in ihrer Anklageschrift darstelle.

"Der Anschein hat dazu geführt, dass wir jetzt da sitzen"

Als die Grünen 2010 in die Stadtregierung kamen und er in den Gemeinderat, sei Maria Vassilakou Planungsstadträtin geworden, er selbst habe auf Entscheidungen über Bauprojekte oder gar Widmungen "überhaupt keinen Einfluss nehmen können", nicht einmal formal. Kurzum: Die Spenden hätten nichts mit seiner Tätigkeit im Gemeinderat zu tun gehabt. Er habe sich nicht einmal nicht sachgerecht verhalten. Einen Fehler räumte der Ex-Politiker aber ein: Er hätte beim Einzug der Grünen in die Stadtregierung seine Funktion als Vereinsobmann zurücklegen müssen, wegen der "schiefen Optik", die das erzeugt habe. Aus Naivität oder vielleicht auch aus Begeisterung fürs Projekt habe er das nicht bemerkt. "Der Anschein hat dazu geführt, dass wir jetzt da sitzen", konstatierte er, das tue ihm leid. Chorherr trat erst 2018 als Vereinsobmann zurück.

Bei der Befragung durch den Richter erklärte er, dass er zwar bei den Jours fixes der für Widmungen zuständigen MA 21 dabei gewesen sei. Aber nur in seiner Funktion als Planungssprecher der Grünen, um informiert zu sein und seine "planungspolitischen Visionen", etwa zu Energiefragen, einzubringen. Einer der Staatsanwälte hinterfragte das später kritisch, und der Angeklagte antwortete, dass seine Inputs gehört worden seien, "wenn sie plausibel waren".

Dass das "Dankeswesen" (Chorherr) im Verein im Bezug auf die Spender nicht ausgeprägt war und er sich etwa nicht bei Benko für dessen Spende von 100.000 Euro bedankt habe, mag unhöflich erscheinen, sagte Chorherr am Schluss des Verhandlungstags sinngemäß. Da ihn das nun wohl belasten würde, "bin ich heute froh, dass ich Benko nicht geschrieben habe".

Am Freitag geht Chorherrs Befragung weiter, und dann könnte jene Tojners folgen. (Renate Graber, 14.11.2022)