Wie die spanische Kommunistische Partei gegenüber General Francisco Franco auftrat, sorgt auch heute noch für Streit.

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Sammler werden erst einmal auf die neueste Sondermarke der spanischen Post verzichten müssen. Sie sollte "100 Jahren Kommunistische Partei Spaniens" gedenken. Doch ein Gericht in Madrid hat den für den 14. November geplanten Verkauf von 135.000 Exemplaren erst einmal gestoppt. Der Grund: eine Klage der Organisation Christliche Anwälte.

Die ultrareligiöse Gruppe sieht in der Marke, die ein vielfarbiges Hammer-und-Sichel-Symbol und einen fünfzackigen roten Stern zeigt, eine Verletzung der "politischen Neutralität von Briefmarken". Die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) sei im Bürgerkrieg in den 1930er-Jahren für Massenmorde verantwortlich gewesen. Das Gericht beschloss, dass diese Vorwürfe erst einmal geklärt werden müssen, bevor die Marke gedruckt werden kann.

Die erzkatholischen Kläger bekommen politische Rückendeckung von der Opposition. Die rechtsextreme Vox richtete sich in einem Brief an EU-Justizkommissar Didier Reynders. Darin wirft sie dem Chef der regierenden Linkskoalition, dem Sozialisten Pedro Sánchez, vor, den Spaniern eine "willkürliche und ungerechte Sicht auf die Geschichte Spaniens aufzuzwingen" und "den Kommunismus und seine kriminelle Geschichte zu verherrlichen".

PP unterstützt Initiative

Der konservative Partido Popular (PP) schließt sich in einem Schreiben dieser Sichtweise an. Und die rechtsliberalen Ciudadanos sehen im "Gedenken an das Jahrhundert des Bestehens der Hammer-und-Sichel-Partei ein Gedenken an Hass, Verbrechen und Elend".

Was da geschehe, sei "beschämend und symptomatisch", schimpft Verbraucherschutzminister Alberto Garzón vom kleineren der beiden Koalitionspartner, dem linksalternativen Bündnis Unidas Podemos, über das Vorgehen der spanischen Justiz. Garzón ist eines der beiden Regierungsmitglieder, die das Parteibuch des PCE in der Tasche haben. Nicht nur für ihn, sondern auch für viele Historiker ist die Kommunistische Partei "eine der – unverzichtbaren – Mitbegründerinnen der Demokratie und der spanischen Verfassung".

Auch die Post verteidigt auf ihrer Homepage die Gedenkbriefmarke. Sie würdige unter anderem die "Rolle des PCE im Bürgerkrieg". Die Partei sei "der Motor der Streitkräfte" gewesen, die die Republik gegen den Putsch unter General Francisco Franco vereidigt hatten. Sie habe während dessen Diktatur für die Demokratie gekämpft sowie einen Beitrag "zum Wiederaufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft" geleistet.

Widerstand gegen Franco-Diktatur

Tatsächlich leistete keine andere Partei so viel Widerstand gegen Francos Diktatur wie der PCE, der über die Hälfte seiner 100 Jahre verboten war. Viele Mitglieder bezahlten ihren Kampf mit Haft oder gar mit der Todesstrafe. Nach dem Tod des Diktators 1975 unterzeichnete der PCE zusammen mit anderen politischen Kräften ein Abkommen, das den Weg zur Demokratie und zur Ausarbeitung der Verfassung ebnete.

Nicht nur Vox, auch der PP und die Ciudadanos haben bis heute den Franquismus nicht verurteilt. Sie gedenken seiner gar immer wieder. So würdigte Madrids Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida (PP), der in Koalition mit den Ciudadanos und dank der Unterstützung von Vox die Geschicke der Hauptstadt lenkt, vor wenigen Tagen den faschistischen General José Millán Astray, Gründer der Spanischen Legion.

"Tod der Intelligenz!"

Dessen Würdigung erfolgte, als Martínez-Almeida ein Denkmal für die ebenfalls 100 Jahre alt gewordene Elitetruppe der Armee einweihte, die in den Kolonialkriegen und im Bürgerkrieg besonders brutal vorgegangen war. Der 1954 verstorbene General Millán Astray, nach dem dank Bürgermeister Martínez-Almeida eine Straße in Madrid benannt ist, ist bis heute vor allem bekannt für einen Spruch "Tod der Intelligenz!". (Reiner Wandler aus Madrid, 16.11.2022)