Aus diplomatischen Kreisen war in der Vergangenheit immer wieder zu hören, wie problematisch die selbstgewählte Isolation der chinesischen Führungsspitze sei. Andere Meinungen und Perspektiven würden dadurch gar nicht mehr zu Präsident Xi Jinping durchdringen und dieser sich selbst und seine Politik immer weiter radikalisieren.

Der chinesische Präsident Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden am Rande des G20-Gipfels im indonesischen Bali.
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Insofern ist es ein durchaus positives Zeichen, dass Xi nun am Rande des G20-Gipfels im indonesischen Bali endlich US-Präsident Joe Biden persönlich getroffen hat. Zu viel Optimismus ist aber nicht angebracht, denn die amerikanisch-chinesischen Beziehungen sind zweck- und nicht wertegebunden.

Die hohe Inflation in den USA und der Krieg in der Ukraine machen die USA verwundbar. Ein China an der Seite Russlands oder gar einen zweiten Krieg um die Insel Taiwan kann sich auch die größte Militärmacht der Welt nicht leisten. In China schwelen die Immobilienkrise und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung aufgrund der rigorosen Zero-Covid-Politik.

Auch Xi Jinping braucht deswegen dringend etwas "Normalität". Dass sich das Regime in Peking aber der Sanktionen gegen Moskau enthält und aufgrund gestiegener Energieimporte aus Russland sogar als "Kriegsgewinner" bezeichnet werden kann, macht auch deutlich, wo Peking steht. Und der Westen sollte sich dessen bewusst sein, dass es langfristig an Glaubwürdigkeit kostet, wenn man das eine autoritäre Regime verurteilt und gleichzeitig ein anderes umgarnt. (Philipp Mattheis, 15.11.2022)