Die idyllisch an einem Hang in Altaussee gelegene Villa diente nach der Arisierung als Sommerresidenz des NS-Gauleiters.

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Hannes Androsch legt sich mit kritischen Altausseern an.

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Hannes Androsch schäumt: "Das ist eine künstliche Aufregung von Leuten, die null Ahnung haben."

Die Architekturhistorikerin Edith Friedl zählt zu jenen Personen, die Androsch besonders auf den Nerv gehen. "Die kommen für ein paar Wochen hierher nach Altaussee und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Die wollen aus Altaussee ein Freilichtmuseum machen", knurrt der Industrielle Androsch im Gespräch mit dem STANDARD.

Die aus Linz kommende Wissenschafterin Friedl – ihr Lebensgefährte wohnt in Altaussee – ist vor einiger Zeit auf ein Bauprojekt des "Salzbarons" Androsch aufmerksam geworden. "Ein sensibles, das tief in die Geschichte des Ortes eingreift", sagt Projektgegnerin Friedl, "Androsch merkt nicht, wie sehr das in Altaussee abgelehnt wird."

Es geht um die Villa Kremenezky, die einer Hotelanlage weichen soll. Wenn es nach den Visionen von Hannes Androsch geht.

Schweres Erbe

Diese Villa birgt ein schweres Erbe, das die Gegner der Hotelpläne nicht angetastet wissen wollen. "Dieses Haus gehört zu Altaussee, es ist ein wichtiger Teil der Geschichte des Ortes", sagt Martin Dämon, der nach der letzten Gemeinderatswahl mit seiner Liste "Dialog lebenswertes Altaussee" auf Anhieb als zweitstärkste Fraktion in den Gemeinderat eingezogen ist.

Dämon hält das von ÖVP und SPÖ unterstützte Vorhaben, ein Hotel auf dem Kremenezky-Areal zu errichten, für "völlig inakzeptabel. Das geht nur, wenn man kein historisches Gewissen hat." Und es zerstöre zudem dieses Naturareal.

Die Villa Kremenezky ist eine Landhausvilla in Altaussee, die um 1874 von Péter Búsbach im Ausseer Stil erbaut wurde. Sie liegt zentral in einem Landschaftspark. Die Villa gehörte einst der jüdischen Familie von Johannes Kremenezky – einem engen Freund von Theodor Herzl. Das Anwesen wurde in der Nazizeit arisiert. Der Großteil der Kremenezkys konnte emigrieren, ein Familienmitglied wurde in Auschwitz ermordet. Der gefürchtete Gauleiter und enge Hitler-Vertraute August Eigruber hatte die Kremenezky-Villa als Zweitwohnsitz und Sommerresidenz genützt.

Wegen seiner Beteiligung an den Verbrechen im KZ Mauthausen wurde Eigruber zum Tod verurteilt. In den letzten Phasen des Krieges ließ Hitler seine zusammengeraubte Kunstsammlung in die Ausseer Saline bringen. Gauleiter Eigruber wollte die Kunstwerke in die Luft sprengen, Mitarbeiter des Bergwerks konnten dies aber im letzten Augenblick verhindern.

Günstiger Kauf

Nach 1945 kam die Villa wieder in den Besitz der Familie Kremenezky, wurde später aber verkauft. Vor einigen Jahren erwarb Androschs Vivamayr Sport GmbH die gesamte Liegenschaft um kolportierte 4,5 Millionen Euro. "Überaus günstig, wenn man die Grundstückspreise in Altaussee kennt", sagt Dämon.

Die Pläne zur Errichtung eines weiteren Wellnesshotels – Androsch betreibt bereits eines in Altaussee – sorgen für einiges Geraune im Ort. Unterschriften werden gesammelt, Onlinepetitionen gestartet, Prominente wie Klaus Maria Brandauer und Barbara Frischmuth engagieren sich in einer Anrainergemeinschaft gegen das Vorhaben. Androsch geht der Widerstand jedenfalls ordentlich gegen den Strich. Er droht gar: Man könne ja das Areal auch verkaufen, "dann bauen eben irgendwelche Immobilienhaie Chalets hin".

Aber was ist mit der historischen Verantwortung? "Die historische Substanz ist doch gar nicht mehr vorhanden. Sie ist ja nicht mehr das, was sie einmal war. Die ist ja abgesandelt", sagt Androsch.

Auch Bürgermeister Gerald Loitzl (ÖVP) reagiert gereizt, wenn er auf das Thema angesprochen wird: "Es gibt noch kein Projekt, mir ist keines bekannt." Auf Nachfrage relativiert Loitzl: Na ja, es gebe da "Überlegungen" des Besitzers. Und ja, er sei eindeutig für eine touristische Nutzung des Kremenezky-Grundes. "Eine Hotelanlage mit einer vertretbaren Größe wäre ideal." Es könne dem Ort "nichts Besseres passieren als dieses Hotelvorhaben". Außerdem: "Nur weil Nazis drinnen gewohnt haben, muss man es ja nicht schützen."

"Androsch ist ein Wiener"

Androsch argumentiert seine Engagements in Altaussee auch mit der Schaffung von Arbeitsplätzen. Wenn nicht investiert werde, "ziehen die Jungen weg", sagt er.

"Es gibt bereits einen Braindrain", entgegnet Dämon, "weil das, was Herr Androsch anbieten kann, sind nur Jobs als Zimmermädchen oder Liftwarte. Und die kommen großteils eh schon aus Ungarn." Und wenn Androsch über Kritiker von außen schimpfe: "Er selbst ist ja Wiener und so viel ein Altausseer wie Mozart ein Piefke."

Androsch solle Altaussee "endlich in Ruh lassen" und eine selbstbestimmte Zukunft ermöglichen. "Er soll nicht weiter wie ein Patriarch entscheiden, was im Ort zu geschehen hat und was nicht." (Walter Müller, 16.11.2022)