Österreichische und kanadische Holzbautechnologie sollen im Vancouver-Haus zusammenkommen. Der Spatenstich des ökologischen Vorzeigewohnbaus in Wien-Stadlau ist für Frühjahr 2023 geplant.

Visualisierung: OLN

Vienna und Vancouver teilen sich nicht nur die Initialen, sondern laut Mercer-Ranking auch die Auszeichnung als lebenswerteste Städte der Welt. Nun sollen die Gemeinsamkeiten weiter ausgebaut werden – mit einem partnerschaftlichen Zwillingswohnbauprojekt, das ganz im Zeichen von Holz, CO2-Neutralität, 100 Prozent erneuerbaren Energien und sozialer Nachhaltigkeit stehen soll.

Vienna House in Vancouver

In Vancouver soll in den kommenden Jahren ein sechsgeschoßiges Vienna House in Holzhybridbauweise in Bau gehen, in Wien hingegen ist für Anfang 2023 der Spatenstich zum sogenannten Vancouver-Haus geplant. Hinter dem ambitionierten Wohnbau stehen die gemeinnützige Baugenossenschaft Frieden sowie das Architekturbüro Rüdiger Lainer + Partner (RLP). Unterstützt wird das Projekt in der Waldrebengasse, Stadlau, vom Wohnfonds Wien sowie von der Stadt Wien, Abteilung für Energieplanung (MA 20).

"Die größte Besonderheit des Projekts ist die Holzbauweise, wobei wir hier ein neutrales, flexibel adaptierbares System unter dem Titel OBSYS entwickelt haben", erklärt Rüdiger Lainer, der das Projekt in engem Austausch mit dem Canadian Wood Council plant. Die Abkürzung steht für "offenes Bausystem" und bezeichnet im Wesentlichen eine produkt- und standortunabhängige Konstruktionsweise. "Es gibt einen Grid aus massiven, aussteifenden Betonscheiben, den wir je nach Bedarf mit unterschiedlichen Holzplatten ausfachen."

Offenes Bausystem

Bei den Innen- und Außenwänden kommen kreuzlagenverleimte Fichteplatten zum Einsatz, an der Fassade wird die Konstruktion mit Steinwolle gedämmt und mit einer abschließenden Sichtebene aus unterschiedlich breiten Lärchenlatten verkleidet. Im Bereich der Deckenplatten, so Lainer, sei zwar noch keine endgültige Entscheidung gefällt, dank BIM (Building Information Modeling) sei man aber in der Lage, zwei verschiedene Varianten in Rippenbauweise und massiver Hybridbauweise parallel zu planen und abzuwarten, bis die letzten Anbote eingetrudelt sein werden. Lainer: "Das offene Bausystem hat sich jetzt schon bewährt."

Das Vancouver-Haus umfasst 107 Mietwohnungen, einen dreigruppigen Kindergarten und diverse Geschäftslokale – darunter auch Housing-First-Wohnungen für die Caritas, speziell geschnittene Wohnungen für Alleinerziehende sowie einen Garçonnièrenverbund für Menschen mit Behinderungen, betrieben vom Fonds Soziales Wien. "Besonders stolz", meint Christoph Scharinger, Vorstand der Baugenossenschaft Frieden, "sind wir auf die Hybridwohnungen, die bei Bedarf um einen Raum für Kinder, Besucher oder für Pflegepersonal erweitert werden können." In den Kosten will man zwischen klassischen Mietwohnungen und Smartwohnungen nicht unterscheiden. Die Miete wird sich auf 7,50 Euro pro Quadratmeter belaufen.

Fertigstellung Ende 2024 geplant

Im Garagengeschoß leistet das Vancouver-Haus Pionierarbeit: "Zwar sind wir laut heutiger Bauordnung verpflichtet, eine gewisse Anzahl an Stellplätzen zu errichten", so Scharinger, "aber dank natürlicher Belichtung und Abgraben des umliegenden Erdreichs sind wir in der Lage, die Garagen jederzeit umzubauen." Möglich sind Stellplätze für alternative Mobilitätsformen sowie der Ausbau zu Indoorspielplätzen, Gewerbeflächen oder Ateliers. Die Fertigstellung des 19,75-Millionen-Euro-Projekts ist für Ende 2024 vorgesehen. (Wojciech Czaja, 20.11.2022)