Nur in der Stadt Wien gilt in öffentlichen Verkehrsmitteln noch eine Maskenpflicht. Gerade vor dem kommenden Winter eine sinnvolle Maßnahme.

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Eigentlich erstaunlich, was so ein bisschen Stoff ausmacht: Tragen zwei Personen in einem Raum eine gut sitzende FFP2-Maske, geht die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine bei der anderen ansteckt, gegen null. Trägt aber nur die Person, die sich schützen will, eine Maske, steigt die Wahrscheinlichkeit schon auf 20 Prozent. Mittlerweile gilt jedoch bundesweit nur noch ganz vereinzelt etwa in Krankenhäusern oder Arztpraxen eine Maskenpflicht, lediglich in Wien gilt eine solche noch in öffentlichen Verkehrsmitteln. Am Dienstag bestätigte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ): Die Maskenpflicht in Öffis bleibt weiterhin in Kraft.

Und das obwohl der "Wiener Sonderweg" kürzlich häufig kritisiert wurde: Die Maskenpflicht bringe nichts – das würden die die Infektionszahlen zeigen –, und obendrein hielte sich sowieso keiner mehr daran. Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sah zuletzt davon ab, österreichweit wieder Maskenpflichten zu verordnen, er sehe keine Notwendigkeit dazu.

Freiheit für Vulnerable

Die Maskenpflicht wird aktuell fast nur als Freiheitseinschränkung diskutiert, dabei wird vergessen, dass sie vielen Menschen ein Mehr an Freiheit gewährt. Hochrisikogruppen, wie etwa Krebskranke oder andere Personen mit einem geschwächten Immunsystem, für die eine Infektion lebensgefährlich sein kann, ermöglicht sie es, mit einiger Sicherheit öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Und nicht nur in ihrem Interesse sollte man eine Aufhebung zweimal überdenken: Denn dass Masken Infektionen verhindern, steht außer Frage. Und das wiederum entlastet einerseits Krankenhäuser – in denen jeder infizierte Patient isoliert werden muss – und senkt die Zahl der Krankenstände in der sowieso wegen Personalmangel klagenden Wirtschaft.

Außerdem birgt jede Infektion das Risiko, an Long Covid zu erkranken – dieses liegt wohl irgendwo zwischen zehn und 30 Prozent. Dieser Faktor wird von der Politik in ihren Entscheidungen großteils ignoriert, obwohl in den USA kürzlich geschätzt wurde, dass vier Millionen Vollzeitarbeitskräfte oder 2,4 Prozent der dort zuvor arbeitsfähigen Bevölkerung mittlerweile wegen Long Covid ausfallen. Experten warnen mitunter bereits vor einer neuen Volkskrankheit.

Rechtfertigungspflicht für acht Bundesländer

Nun wird die Maskenpflicht einen Großteil der Infektionen nicht verhindern können, dafür bräuchte es auch wieder ein breiteres, niederschwelliges Testsystem, Luftreinigungssysteme in Schulen und Büros oder eine Isolationspflicht. Von all diesen Maßnahmen hat sich die Bundesregierung bereits verabschiedet.

Dass das oft getadelte Maske-Auf-und-Absetzen auf dem Weg im Zug von Wien nach Niederösterreich absurd ist, ist klar. Absurd ist aber auch, dass acht Bundesländer die guten Gründe für eine Maskenplicht genauso ignorieren wie der Gesundheitsminister. (Levin Wotke, 17.11.2022)