Vor knapp zwei Wochen feierte die Kunsthalle Wien 30. Geburtstag. Geschäftsführer Wolfgang Kuzmits (links) gilt als neuer starker Mann im Wiener Kulturbetrieb.

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In die Feierlichkeiten zum 30-Jahr-Bestandsjubiläum der Kunsthalle Wien vor zehn Tagen mischten sich auch Misstöne: Selten zuvor, unken Brancheninsider hinter vorgehaltener Hand, sei die städtische Einrichtung im Museumsquartier unsichtbarer gewesen. Ganz böse Stimmen behaupten gar, sie würden eigentlich niemanden kennen, dem in den letzten Jahren eine der Ausstellungen in positiver Erinnerung geblieben sei.

Derartige Pauschalurteile sind sicherlich nicht ganz fair, denn das 2019 bestellte Leitungskollektiv WHW, bestehend aus Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović, bemüht sich etwa redlich darum, migrantisch geprägte Communitys anzusprechen und Kunst zu zeigen, die in Wien noch unbekannt ist, sprich: Man will bewusst nicht mit den großen Museumskalibern und ihren Blockbusterausstellungen konkurrieren. "Natürlich haben wir keine Angst vor Popularität, die wollen wir aber von Populismus abgrenzen", sagt WHW zum STANDARD.

Strukturelle Veränderung

Mit diesem Konzept hat sich das Trio auch um eine Verlängerung seines Vertrags beworben. Derzeit stehen die Hearings an, dem Hörensagen nach dürfte WHW gute Chancen haben. Die mageren Besucherzahlen, die schon bei Vorgänger Nicolaus Schafhausen nicht zum Besten standen, macht man auch an der Pandemie fest. Immerhin sei man kurz davor, "das Niveau von vor der Pandemie zu erreichen".

Dass die Chancen von WHW gut stehen, könnte aber auch mit einer strukturellen Veränderung zu tun haben, aufgrund derer sich, glaubt man Stimmen aus dem Kunstbetrieb, aussichtsreiche Kandidatinnen und Kandidaten gar nicht erst bewerben wollten.

Zunächst wurde WHW im vergangenen Jahr der erfahrene kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Kuzmits zur Seite gestellt. Im Juni dieses Jahres erfuhr dessen Posten dann eine klare Aufwertung: Die bestehende Kunsthalle Wien GmbH wurde in Stadt Wien Kunst GmbH umbenannt, und Kuzmits erhielt das neu gegründete Foto-Arsenal (Eröffnung 2024) als zusätzlichen Zuständigkeitsbereich dazu.

"Downgrading" oder Synergien?

Zwei inhaltlich getrennt voneinander operierende Häuser sollen künftig einen gemeinsamen wirtschaftlichen Geschäftsführer haben – in der Außenwirkung hat das den Anschein, als würden die künstlerischen Leitungen (für das Foto-Arsenal wurde Felix Hoffmann bestellt) nur noch die zweite Geige spielen.

Als Abstieg und "Downgrading" interpretiert, könnte das so manche potenzielle Bewerber abschrecken, wird befürchtet. Die Stadt Wien, WHW und auch Geschäftsführer Kuzmits stellen das allerdings unisono in Abrede: "Die Kompetenzen und Freiheiten der künstlerischen Leitung der Kunsthalle Wien sind die gleichen geblieben", heißt es aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). "Die Änderung wurde in Hinblick auf Effizienz (Verwaltungskosten) und nicht im Sinne einer Machtverschiebung vorgenommen", sagen WHW.

Kuzmits ist der Vorwurf bekannt, eine Schwächung der künstlerischen Leitungsposition könne er aber nicht erkennen: Jedes Haus habe weiterhin seinen eigenen Geschäftsbereich, Budgetstreitigkeiten seien ausgeschlossen, weil nicht er allein für die Verteilung der Mittel zuständig sei. "Dass man sich gegenseitig kannibalisiert, ist nicht Intention, das wird nicht passieren."

Die Bekanntgabe der neuen Leitung soll bis Ende November passieren. Wie viele sich nun tatsächlich beworben haben, will die Stadt Wien im Vorfeld nicht mitteilen. (Stefan Weiss, 17.11.2022)