In der Nacht auf Freitag übernachteten wieder rund 40 Protestierende im Hörsaal C1 am Campus der Uni Wien.

Foto: Erde brennt

Wien – Im Hof am Uni-Campus in Wien-Alsergrund hängt ein großes Banner: "Erde brennt – Uni besetzen". Am Eingang zum Gebäude bekommt man Flyer von verschiedenen Organisationen und Bewegungen. Daneben steht das aktuelle Tagesprogramm aufgelistet. Drinnen ist es warm, und Studierende haben es sich gemütlich gemacht: Man sitzt auf Bänken, den Stiegen, sogar dem Boden. Die meisten wirken zufrieden: Es ist der dritte Tag der Uni-Besetzung.

Aktivistinnen und Aktivisten von Erde brennt haben zusammen mit anderen Protestierenden am Mittwochabend den Hörsaal C1 am Uni-Campus besetzt, sowie auch Hörsäle in Salzburg und Innsbruck. Sie protestieren gegen Krisen wie den Klimawandel und die Teuerung. Außerdem fordern die Aktivistinnen ein höheres Budget für die Unis.

Studierende der "Erde brennt"-Bewegung besetzen einen Hörsaal der Universität Wien. Unser Videoteam war vor Ort.
DER STANDARD

Zusammenarbeit mit der Uni

In der Nacht auf Freitag hätten wieder zwischen 30 und 50 Studierende im Hörsaal übernachtet, tagsüber seien meist 100 bis 150 Personen dabei, sagt Amina Guggenbichler von Erde brennt. Man merke, dass der Andrang je nach angebotenem Bildungsprogramm größer sei. Bei Vorlesungen und Diskussionen sei der Hörsaal komplett gefüllt.

Auch mit der Uni gebe es einen stetigen Austausch. Während einzelne Professoren Vorlesungen zum Thema halten und sich an Diskussionen beteiligen, sei man auch mit dem Rektorat in Kontakt. Am Freitagnachmittag gebe es Gespräche mit Vertretern und der Leitung der Uni. "Wir wollen mit der Uni arbeiten, nicht gegen sie", sagt Guggenbichler. Auch an den Bildungsminister gibt es konkrete Forderungen: "Uns ist klar: Die angebotene Erhöhung um 400 Millionen beim Uni-Budget ist ein Witz. Wir fordern weiterhin 1,2 Milliarden."

Nicht alle Aktivisten sind gleich

"Das Großplenum gestern Abend war sehr spannend, es gab viele neue Meinungen", freut sich Guggenbichler. Die Diskussion mit Interessierten sei sehr wichtig, um noch konkretere Forderungen ausarbeiten zu können, so die Aktivistin. Der Forderungskatalog an notwendigen politischen Maßnahmen werde laufend bearbeitet.

Generell seien die Protestierenden keine homogene Gruppe, sondern eine Mischung aus Aktivistinnen verschiedener Organisationen und Interessierten. "Ich selber gehöre auch nicht zu Erde brennt oder so", sagt ein Aktivist. "Aber ich finde die Themen wichtig, und jetzt helfe ich halt auch mit." Laut Guggenbichler freut man sich darüber, dass auch Studierende von außerhalb der Klimaschutzszene an der Besetzung teilnähmen.

Die Protestierenden versuchten hier viel unter einen Hut zu bringen. "Die meisten von uns studieren und arbeiten. Daneben noch politische Arbeit zu machen ist natürlich viel", sagt eine Aktivistin. "Es ist nicht so, dass wir dafür irgendwas schwänzen: Viele gehen dann tagsüber zu ihren Seminaren oder lernen hier im Hörsaal."

Räumung derzeit nicht geplant

Am Wochenende soll es dann weitergehen: Diskussionsrunden, Filmabende und sogar ein Akrobatik-Workshop stehen auf dem Programm. Die Besetzung soll auf jeden Fall bestehen bleiben, auch die kommende Woche sei schon beplant. Die Uni zeigte sich bis jetzt offen gegenüber der Besetzung und dem Austausch mit den Protestierenden. Eine Räumung sei nach aktuellem Stand nicht geplant – solange es nicht zu Sachbeschädigungen oder anderen Straftaten auf dem Universitätsgelände komme. Jedoch betont man im Rektorat die Notwendigkeit eines uneingeschränkten Universitätsbetriebs. Die Protestierenden zeigen sich motiviert: "Wir bleiben so lange wie nötig", so Guggenbichler. (Alara Yılmaz, 18.11.2022)