HGM-Chef Christian Ortner weist anonyme Vorwürfe gegen ihn, er habe Mitarbeitende "gemobbt" als "absurd" zurück. Das Verteidigungsministerium betont, dass es die Beschwerden prüfe.

Das Rennen um die neue Direktion des in die Kritik geratenen Heeresgeschichlichen Museums geht in die heiße Phase. Die Bewerbungsfrist für den Leitungsposten an Österreichs letztem Museum in Staatsverwaltung endete Ende Juli. Wie der STANDARD berichtete, sind 18 Bewerbungen eingegangen, sechs Personen dürften zu Hearings vor einer Auswahlkommission geladen worden sein.

Laut Ö1 soll der zuständigen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nun folgender Dreiervorschlag vorliegen: Der Grazer Zeithistoriker Georg Hoffmann, Dominik Kimmel vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz und Christian Ortner, der das HGM seit 2005 leitet, das Amt nach einem desaströsen Rechnungshofbericht sowie inhaltlicher Kritik an der Aufstellung des Hauses allerdings nur noch interimistisch ausübt.

Mitten im Bewerbungsverfahren macht Ortner nun auch ein anonymes Schreiben von Beschäftigten des HGM an die Ministerin zu schaffen, in dem diesem "Mobbing" vorgeworfen wird.

Klima der Angst

In dem fünfseitigen Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, wird berichtet, dass "durch Direktor Ortner und sein Führungsteam in den vergangenen Jahren im Heeresgeschichtlichen Museum bewusst ein Klima der Angst, der Drohungen und der Konflikte erzeugt" worden sei, "wodurch es zu einer massiven psychischen Belastung am Arbeitsplatz gekommen ist."

Konkret wird von "Bestrafungsmaßnahmen" wie nicht genehmigten Urlauben oder verbalen Entgleisungen gegenüber Mitarbeitern berichtet. Sätze wie "Du bist ein Krebsgeschwür, das man herausschneiden muss", "Ich mache dich einen Kopf kürzer", "Du bist ein Feind des Museums" oder "Das Abwehramt weiß alles was du sagst, ich habe sie schon informiert", sollen gefallen sein. Im Gespräch mit Ö1 wies Ortner die Vorwürfe als "absurd" zurück. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, dass man die Beschwerden prüfen werde.

Bestätigen konnte man, dass der Dreiervorschlag vorliege, wann die Entscheidung gefällt wird, stehe noch nicht fest. Die genannten Namen wollte man nicht kommentieren, es gab aber auch kein Dementi.

Georg Hoffmann als Favorit

Während Ortners Wiederbewerbung aufgrund früherer und nun erneuter multipler Vorwürfe unter keinem guten Stern steht und Dominik Kimmel als Kandidat aus dem Ausland nur geringe Chancen eingeräumt werden (das Verteidigungsministerium ließ stets durchblicken, dass man eine nationale Lösung präferiere), deutet nun vieles darauf hin, dass Georg Hoffmann das Rennen machen könnte.

Der Grazer Zeit- und Militärhistoriker forschte zwölf Jahre an der Karl-Franzens-Universität mit Schwerpunkt auf NS-Geschichte, drei Jahre wirkte er als Kurator bei der Konzipierung des Hauses der Geschichte Österreich in der Neuen Burg mit – ein Faktum, das bei der von Fachleuten immer wieder geforderten stärkeren Zusammenarbeit zwischen dem Museum und dem HGM nützlich sein könnte.

Der 43-Jährige war Archivar am Kriegsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs und auch an der Landesverteidigungsakademie tätig. Seit fünf Monaten arbeitet er im Verteidigungsministerium in der Abteilung Direktion-Kommunikation an der Schnittstelle zwischen Bundesheer und KZ-Gedenkstätte Mauthausen – wie Ö1 fälschlich berichtete, ist er kein Mitglied des Kabinetts von Ministerin Tanner.

Gegen Hoffmann als HGM-Direktor spricht, dass er wenig bis keine Erfahrung mit der Führung von Mitarbeitern aufweisen kann. Gerade dabei dürfte in Hinkunft aber viel Fingerspitzengefühl gefragt sein. (Stefan Weiss, 21.11.2022)