Als Giorgia Meloni vor einem Monat erste Regierungschefin Italiens wurde, löste dies im Inland und – deutlich mehr noch – im Ausland Befürchtungen aus. Würde die Chefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia in Italien den Rechtsstaat aushöhlen? Würde sie auf EU-Ebene eine Allianz mit den ebenso rechten und nationalistischen Polen und Ungarn eingehen? Würde sie mit Brüssel bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Konfrontationskurs gehen?

Bisher haben die EU-Partner kaum Grund zur Sorge: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihr Finanzminister Giancarlo Giorgetti (links) halten Italien auf Sparkurs.
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Diese Fragen waren und sind berechtigt – aber die größte aller Sorgen in Brüssel war eine andere. Nämlich: Wird Italien unter Giorgia Meloni wieder zu einer exzessiven Schuldenwirtschaft zurückkehren, nachdem ihr Vorgänger Mario Draghi den Haushalt stabilisiert und die Wirtschaft trotz Pandemie und Energiekrise endlich wieder in Schwung gebracht hat? Wird Italien wieder zum Risiko?

Mit fast drei Billionen Euro Schulden hätte Italien das Potenzial, die gesamte Eurozone in den Abgrund zu reißen.

Wahlzuckerl kassiert

Teure Wahlversprechen der beiden Juniorpartner Melonis, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi, hatten ungute Erinnerungen an den Herbst 2011 wachgerufen: Die damalige Regierung hatte – in der gleichen parteipolitischen Zusammensetzung wie heute, aber mit Berlusconi statt Meloni an der Spitze – das Land an den Rand der Zahlungsunfähigkeit manövriert.

Die Risikozuschläge für italienische Staatsanleihen schossen auf Rekordhöhe, der Euro wankte. Erst Draghi – als EZB-Präsident – brachte die Einheitswährung ab 2012 wieder in ruhigeres Fahrwasser.

Meloni hatte schon im Wahlkampf versichert, dass sie den Haushaltkurs ihres Vorgängers fortsetzen wolle: Sie weiß, dass Italien auf den Goodwill Europas – und die Hilfsgelder aus dem Wiederaufbaufonds – angewiesen ist. Die bange Frage war freilich, ob sie sich gegen die beiden Dauerwahlkämpfer Salvini und Berlusconi würde durchsetzen können.

Diese Frage ist nun beantwortet: Mit dem ersten Budgetentwurf, der ganz eindeutig ihre Handschrift trägt, hat Meloni erst einmal Wort gehalten. Zumindest finanzpolitisch bleibt Italien verlässlich. (Dominik Straub, 22.11.2022)