Renate Graber und ihr Buchtipp zu heimischen Legenden.

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Die ideale Reiselektüre ist es nicht, mit seinen mehr als 1,3 Kilogramm Gewicht, lesens- und durchschmökernswert ist es aber durchaus. Legenden nennt Michael Horowitz sein neuestes Werk, das in der Bibliothek oder im Bücherregal seinen Platz am besten neben Nachschlagewerken oder anderen Biografien finden möge.

Ohne Tiefgang aber mit Einblick

Michael Horowitz, Peter Sengl, "Legenden". € 45,– / 216 Seiten. Ueberreuter, 2022.
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Illustriert mit einseitigen Zeichnungen (eine Seite misst, notabene, 28 mal 24 Zentimeter) von Maler Peter Sengl, porträtiert der Schriftsteller 50 "große Österreicherinnen und Österreicher", die in den vergangenen 50 Jahren "durch ihre Begabungen, Leistungen, Ideen und Kreativität für Furore gesorgt" hätten. Wobei es nur neun Frauen sind, was schade ist. Nachzulesen sind jeweils zweieinhalbseitige Kurzbiografien – angereichert um Aperçus, Zitate, aufsehenerregende Begebenheiten.

Zwar erwarten nicht tiefgründig recherchierte Porträts von Schauspielerinnen wie "La Schneider", wie die Franzosen Romy Schneider nannten, oder von Skifahrerin Annemarie Moser-Pröll oder von der streitbaren Frauenministerin Johanna Dohnal oder vom Boxer "Hansi" Orsolics ("A Wahnsinn, normal"), ORF-General Gerd Bacher oder Regisseur Michael Haneke die Leserinnen und Leser – aber durchaus lohnenswerte Einblicke ins Leben durchaus spannender Menschen.

"A bissl Geschichte"

"Lernen S’ a bissl Geschichte", riet Bruno Kreisky 1981 einem ORF-Redakteur – und ein bisserl Geschichte lernen lässt sich bei der Lektüre der Legenden auf kurzweilige Weise. Kreisky kommt natürlich auch vor – und wie bei ihm, den der Autor als "extravagantesten unter den sozialistischen Größen seiner Zeit" beschreibt, sind es vor allem Zitate, die einen nachdenken und weiterschmökern lassen.

Johanna Dohnal etwa wusste schon in den 1990ern, dass der "vorgeblich sichere Hort der Familie ein sehr gefährlicher Platz für Frauen ist", wie da nachzulesen ist. "Einkommen und Vermögen sind keine Schande, höchstens die Art, wie sie zustanden kommen", zitiert der Autor "Medienzampano" Kreisky, der von 1970 bis 1983 in einer SPÖ-Alleinregierung Bundeskanzler war. Tempus fugit, kann man angesichts dessen nur festhalten – ist aber auch schon wirklich lange her. (Renate Graber, 09.12.2022)