Anna Wielander ist Fan von guter Popliteratur.

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Im Leben von Sheena Patels Protagonistin dreht sich alles um zwei Menschen: "the man I want to be with" und "the woman I am obsessed with". Die Frau, von der sie besessen ist, hat eine Affäre mit demselben Mann wie sie – einem berühmten Künstler. Ihre gemeinsame Geschichte beginnt mit Fanpost. Die Protagonistin schreibt ihm eine E-Mail, in der sie ihn für seine Arbeit bewundert. Es ist der Beginn einer Beziehung, die ungleiche Machtverhältnisse schonungslos offenlegt.

Sheena Patel, "I'm a Fan". € 22,99 / 136 Seiten. Rough Trade Books, 2022.
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Verehrung aus der Ferne

Das weiß die Protagonistin von I'm a Fan, dem fulminanten Debütroman von Sheena Patel, der nächsten Mai auch auf Deutsch erscheinen wird. Sie weiß, wie toxisch sein Verhalten ist, gleichzeitig kritisiert sie auch ihr eigenes, wenn sie mit ihm zusammen ist. Die Zeit, in der sie alleine ist, verbringt sie meist auf ihrem Handy. Sie scrollt durch die Timeline "der anderen Frau", die alles ist, was sie nicht ist: weiß, reich, gut vernetzt.

Bevor sie ihr auf Instagram folgte, wusste sie weder, was Mid-Century-Möbel waren, noch, dass es besonders erstrebenswert sei, sie zu besitzen. Ernüchternd muss sie feststellen, wie teuer ein Stück ist. Sie macht trotzdem von jedem Sessel, jedem Tisch, jedem Kasten, den die Frau postet, Screenshots – in der Hoffnung, dass sie in der nächsten Instagram-Story noch mehr von ihrem Leben mit ihren tausenden Followern teilt.

Bildschirmfotos als Beweismaterial

"I might look innocent but I screenshot a lot", nennt Patel ein Kapitel in ihrem Buch, was auf Deutsch so viel heißt wie "Ich schaue zwar unschuldig aus, aber ich mache viele Screenshots". I'm a Fan setzt sich kritisch und humorvoll mit "race", Klasse und Herkunft auseinander. Der Roman macht deutlich, wie die sozialen Medien weiße Menschen bevorzugen.

Die Kapitel sind meist nicht länger als zwei Seiten und haben Titel so kurz wie Postings: "dick from someone who doesn’t care if you live or die" oder "i start my day with a complex blend green juice". Erzählt wird aus Sicht einer namenlosen Protagonistin, mit deren Verhalten wir uns mehr identifizieren als uns lieb ist. (Anna Wielander, 7.12.2022)