Hans Peter Doskozil hält sich für den besseren Spitzenkandidaten der SPÖ. Das erzählt er allen, die es wissen wollen, und gerne auch jenen, die das gar nicht hören wollen. Unlängst hat er diese Eigeneinschätzung auch mit einer Umfrage absichern lassen: Die SPÖ stünde mit ihm wesentlich besser da als mit Pamela Rendi-Wagner, der aktuellen Parteichefin und mutmaßlichen Spitzenkandidatin.

Es gibt tatsächlich ein paar Dinge, die der Landeshauptmann besser kann als Rendi-Wagner. Er kann sich verständlich machen, kommt rascher auf den Punkt. Er flüchtet sich nicht in Floskeln, sondern spricht Klartext. Er hat ein Gespür für Themen. Mehr als Rendi-Wagner. Er weiß gut, wie die SPÖ tickt, vermutlich besser als Rendi-Wagner.

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeshauptmann Peter Doskozil.
Foto: Matthias Cremer

Was die beiden verbindet: ein handfestes Kommunikationsproblem. Nicht inhaltlicher, sondern sprachlicher Natur. Während Doskozil aufgrund gesundheitlicher Probleme leise spricht, hat man bei Rendi-Wagner oft den Eindruck, sie wähnt sich auf der Bühne der Josefstadt. Im Bierzelt täten sich beide schwer.

Tatsache ist allerdings, dass Rendi-Wagner die Parteichefin ist. Und die Partei hat sich – in einem von ihr inszenierten Event – auch relativ geschlossen dafür ausgesprochen, dass sie die Spitzenkandidatin der SPÖ bei der nächsten Nationalratswahl wird. Doskozil war als einziger Landesparteichef nicht bei dieser Veranstaltung, er hatte Besseres zu tun: Seine Lebensgefährtin hatte Geburtstag. Da setzt er klar Prioritäten.

Nicht verlässlich und unberechenbar

Das zeigt die Schwäche von Doskozil. Er ist nicht verlässlich. Und nicht loyal. Auch nicht der Partei gegenüber. Der öffentlich ausgetragene Schlagabtausch zwischen Wien und Eisenstadt schadet allen Beteiligten, Rendi-Wagner, Doskozil, vor allem aber der Partei.

Die pathologische Abneigung gegen Rendi-Wagner, die Doskozil kaum zu verbergen in der Lage ist, macht ihn unberechenbar. Wenn er Gemeinheiten gegen die Chefin in Wien lanciert, trifft er immer auch die Partei. Dass er das in Kauf nimmt, spricht nicht für ihn. Das gestehen auch jene ein, die sonst große Stücke auf ihn halten.

Die inhaltlichen Bocksprünge von Rendi-Wagner, die in der Asylfrage erst gar kein und dann ein riesiges Problem ausmacht, mögen Doskozil freuen: Die SPÖ-Chefin gibt ihm im Nachhinein recht. Dass die SPÖ jetzt aber die Linie von Innenminister Gerhard Karner, der sich redlich als Hardliner abmüht, nachzuhüpfen versucht, vermittelt kein stringentes Bild der Sozialdemokraten. Das spiegelt das Dilemma der Partei wider. Vom linken bis zum rechten Flügel finden sich dort alle Positionen. Dementsprechend flexibel versucht die Vorsitzende zu sein.

Verbales Schlammcatchen

Gegen einen parteiinternen Wettbewerb der besten Köpfe und der guten Ideen wäre nichts einzuwenden. Wenn er denn tatsächlich intern und nicht in aller Öffentlichkeit als verbales Schlammcatchen ausgetragen würde. So setzt die SPÖ ihren Vorsprung, den sie derzeit in Umfragen hat, aufs Spiel.

Ein Ende ist nicht abzusehen: Weder hat Rendi-Wagner die Autorität, Doskozil zu disziplinieren, noch hat Doskozil ausreichend viele Unterstützer, um Rendi-Wagner auszuhebeln. Dass es unter den roten Granden niemanden gibt, der willens oder in der Lage ist, diesen Konflikt beizulegen, spricht – auch in Hinblick auf eine mögliche Kanzlerschaft – nicht für die Verlässlichkeit der Partei. (Michael Völker, 26.11.2022)