Österreichs Botschafterin Ursula Fahringer und Ministerin Klaudia Tanner lassen sich die Ausrüstung der senegalesischen Kampfschwimmer erklären

Foto: HBF/Lechner

Dakar – Dass das österreichische Bundesheer zu improvisieren weiß, ist allgemein bekannt. Auch, dass seine Gebirgsausbildung Weltklasse ist – und seit Jahrzehnten auch für Soldaten anderer Nationen angeboten wird –, hat sich herumgesprochen. Aber die Kampftaucher schwimmen weit unter der Wahrnehmungsgrenze. In jeglicher Hinsicht: Dass das Jagdkommando über Kampftaucher verfügt, ist in Österreich kaum bekannt. Und dass diese Elitesoldaten auch Soldaten anderer Länder ausbilden, wäre der öffentlichen Wahrnehmung entgangen, wenn Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nicht zu einem Blitzbesuch an den westlichsten Punkt Afrikas gereist wäre.

Kampf gegen Drogenschmuggel

Dort haben die Taucher des Jagdkommandos ein Ausbildungsprogramm für ihre senegalesischen Kameraden aufgezogen: Offenbar hat das Binnenland Österreich zum Schutz seiner Binnengewässer eine militärische Kompetenz aufgebaut, die sich auch von der Marine der Republik Senegal im Atlantik nutzen lässt. Deren Kampftaucher müssen sich mit Rauschgifthändlern und Menschenschmugglern auseinandersetzen und sind auch mit dem Schutz der im Aufbau befindlichen Erdöl- und Erdgasförderung vor der Küste des Senegal befasst. Terrorismus sei eine der Hauptsorgen ihrer senegalesischen Gesprächspartner gewesen, sagte die Ministerin am Ende ihres Besuchs.

Rauschgifttransporte erfolgen oft per Schiff aus Südamerika an die afrikanische Westküste. Dort wird auf Kleinboote umgeladen und die illegale Ware sodann die Flussläufe hinauf transportiert, um dann auf dem Landweg weiter nach Europa verbracht zu werden. Mit speziellem Tauchgerät ausgerüstet, können sich die senegalesischen Soldaten den kleinen Booten nähern und diese "neutralisieren", wie die erfolgreiche Vernichtung von Boot, Besatzung und Ladung vornehm bezeichnet wird.

Keine Luftblasen beim Tauchen

Die spezielle Ausrüstung dafür – etwa ein vom deutschen Hersteller Dräger entwickeltes Tauchgerät, das mit reinem Sauerstoff gefüllt ist und den jeweils zu zweit tauchenden Soldaten erlaubt, bis zu vier Stunden unter Wasser zu verbleiben, ohne sich durch aufsteigende Bläschen zu verraten – bedarf entsprechend professioneller Bedienung und Wartung. Und hier kommt die Kompetenz des Bundesheers zur Geltung: Das Jagdkommando wird wegen seiner hohen Ausbildungsstandards hoch geschätzt – gerade im Senegal, wohin schon in der Kreisky-Ära vor 40 Jahren militärpolitische Kontakte geknüpft wurden. Die Kosten für den Steuerzahler sind gering, es werden ja nur wenige Soldaten entsendet. Der Nutzen ist laut Tanner hoch: Abgesehen davon, dass Österreich auf diese Weise ein Aufenthaltsstatut in einer der wenigen halbwegs stabilen Demokratien Afrikas hat, wirkten ja alle westafrikanischen Probleme von Drogenschmuggel bis Schlepperei auch auf Österreich und die anderen EU-Staaten.

Die militärischen Kontakte umfassen nicht nur die Taucherausbildung durch Jagdkommandosoldaten, die nicht namentlich oder durch Foto identifiziert werden dürfen. Parallel dazu wurde vom wesentlich gesprächigeren Munitionsexperten Oberstleutnant Jürgen Marschnig von der Heereslogistikschule ein Ausbildungsprogramm für die Sicherheit von Munitionslagern aufgelegt: Bisher wurden 46 Soldatinnen und Soldaten aus dem Senegal im sicheren Umgang mit Munitionsdepots ausgebildet, zudem haben sechs Männer und vier Frauen in der senegalesischen Armee ein dreijähriges Programm durchlaufen, um selbst Schulungen im Umgang mit Munition durchführen zu können, erzählt der Oberstleutnant vor der Übergabe der entsprechenden Zertifikate durch Tanner.

Von Termiten zerfressene Munitionskisten

Entstanden ist diese Ausbildung übrigens auf Initiative der Vereinigten Staaten, die das österreichische Programm in Bosnien, Montenegro und Moldau kennengelernt und weiterempfohlen haben. Seit 2018 wird es nun auch im Senegal umgesetzt. Hier sind die Probleme besonders groß, weil sowohl aus der kolonialen Vergangenheit als auch durch als "Entwicklungshilfe" verbrämte Schenkungen große Mengen alter Munition in den Depots angesammelt wurden. Marschnig berichtet von einer 500-Kilo-Bombe, die dem senegalesischen Militär geschenkt worden war, obwohl dieses keine Mittel hat, diese Bombe allenfalls auch zum Einsatz zu bringen – sie musste ebenso entsorgt werden wie von Termiten zerfressene Munitionskisten samt ihrem alt gewordenen Inhalt, bei dem eine Selbstzündung zu befürchten war,

Besondere Bedeutung bekam das Projekt, Munitionsbestände zu sortieren und die gefährlich gewordenen Altlasten zu beseitigen, durch die Lage der Depots: Einige befinden sich in Forts aus der französischen Kolonialzeit, die im inzwischen dichtverbauten Gebiet der 3,7-Millionen-Stadt Dakar liegen. Nach und nach soll das senegalesische Militär befähigt werden, die Risiken richtig einzuschätzen und die brauchbaren Munitionsvorräte entsprechend sicher zu managen.

Menschenrechtsanwalt als Minister

Dem senegalesischen Verteidigungsminister Sidiki Kaba ist die Kooperation mit Österreich übrigens auch ein persönliches Anliegen: Im Gespräch mit der österreichischen Amtskollegin erinnerte er sich daran, 2013 bei der UNO-Menschenrechtskonferenz in Wien dabei gewesen zu sein, damals noch als Anwalt für Menschenrechte. Den Wert der Menschenrechte zu kennen, ist nebenbei auch Teil der internationalen Ausbildungsmissionen des Bundesheers. Und selbst im relativ flachen Senegal wird die eingangs erwähnte Kompetenz in der Gebirgsausbildung geschätzt: Diese soll künftig auch senegalesischen Soldaten zugute kommen, die in den wenigen Bergen des Landes oder bei internationalen Einsätzen Dienst tun. (Conrad Seidl, 26.11.2022)