Rund sieben Monate war Peter Sidlo im Casag-Vorstand, seither beschäftigt sein Arbeitsrechtsfall die Gerichte.

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Peter Sidlo, vormals Kurzzeit-Finanzvorstand in der teilstaatlichen Casinos Austria AG (Casag), hat in seinem juristischen Kampf gegen seinen Rauswurf aus dem Kasinokonzern auch in zweiter Instanz verloren. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat am 25. November entschieden, seiner Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien nicht Folge zu geben.

Vor dem Handelsgericht war Sidlo im Jänner mit seiner Klage gegen die Casag abgeblitzt, er wollte sich damit gegen seine Abberufung aus dem Vorstand und seine Entlassung wehren. Eingeklagt hatte er rund 2,4 Millionen Euro, darunter sind jene Zahlungen, die ihm bis Ende seines Vorstandsvertrags zugestanden wären.

Von Mai bis Dezember 2019 im Amt

Angetreten hat Sidlo seinen Job am 1. Mai 2019, im Dezember 2019 warf ihn der Aufsichtsrat, damals unter Führung von Walter Rothensteiner, raus. Er begründete dies unter anderem damit, dass der Manager das Kontrollgremium angelogen habe, als es ihn nach seiner Involvierung in die Umstände seiner Bestellung fragte.

Der Aufsichtsrat legte Sidlo eine parlamentarische Anfrage der Neos zur umstrittenen Bestellung Sidlos vor – in der es um eine etwaige Beteiligung der FPÖ und der Novomatic ging. Der Manager meinte sinngemäß, er wisse dazu nichts, habe keine Informationen darüber. Als dann die diversen Chats von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor allem mit dem damaligen Novomatic-Chef Harald Neumann zum Thema bekannt wurden, folgte die Entlassung. Die Justiz vermutet bekannterweise einen politischen Deal zwischen der FPÖ und dem privaten Glücksspielkonzern, die Beschuldigten bestreiten das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Berufung: Keine Täuschung

Das Handelsgericht Wien stellte in seinem Urteil "mangelnde Offenheit" des früheren FPÖ-Bezirksrats Sidlo gegenüber dem Aufsichtsrat fest, bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass der damalige Casag-Mitaktionär Novomatic "den Kläger ohne dessen politischen Hintergrund und seine daher rührende Unterstützung nicht als eigenen Kandidaten vorgeschlagen hätte".

Sidlo wehrte sich gegen das Urteil und legte Berufung ein, Anwalt Roland Gerlach führte Verfahrensmängel sowie unrichtige Tatsachenfeststellungen ins Treffen. So habe Sidlo den Aufsichtsrat gar nicht täuschen können, habe der doch über die Hintergründe seiner Bestellung Bescheid gewusst, wie etwa Aktennotizen Rothensteiners ("Hintergrunddeal mit den Blauen") belegten.

Sidlo konnte Funktion nicht mehr erfüllen

Das OLG Wien ist der Argumentation Gerlachs nicht gefolgt. Der Kläger habe sich selbst unter Hinweis auf seine Parteizugehörigkeit als möglichen Bewerber (als "FPÖler") ins Spiel zu bringen versucht. Auch wenn Beweisergebnisse für einen unmittelbaren Vorteil der FPÖ aus Sidlos Bestellung fehlen, wie in der Berufung argumentiert wurde, sei es "doch zu berücksichtigen, dass derartige – sich in Österreich keineswegs auf die FPÖ beschränkende – parteipolitisch gestützte Besetzungen regelmäßig auf einen längerfristigen Machterhalt (Erhalt des Einflussbereichs) ausgelegt sind", heißt es in dem Urteil, das dem STANDARD vorliegt.

Laut OLG lag sowohl "ein hinreichender Grund" für Sidlos Abberufung aus dem Vorstand als auch für seine anschließende Entlassung vor, allein schon, weil "er – objektiv – seine Funktion als Vorstandsmitglied nicht mehr ohne weitere Nachteile für die Casag erfüllen konnte".

In einem Punkt gab das OLG Wien Sidlo aber recht, nämlich in jenem, der besagt, dass er mit seiner Auskunft an den Aufsichtsrat keine grobe Pflichtverletzung begangen habe. Darin entschied das OLG also anders, als das Erstgericht. (Für Arbeitsrechtscausen von Vorstandsmtigliedern ist nicht das Arbeits- und Sozialgericht, sondern das Handelsgericht zuständig.) Sidlo habe in seiner Auskunft an das Kontrollgremium nämlich nur zum Ausdruck gebracht, dass er zu politischen Interventionen für sich nichts sagen wolle, nicht, dass er nichts sagen könne. Den Aufsichtsrat habe er somit nicht falsch informiert.

Sidlo wendet sich an den OGH

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, und Sidlo wir nun den Obersten Gerichtshof (OGH) mit seiner Arbeitsrechtscausa beschäftigen. Das OLG Wien hat die ordentliche Revision zugelassen mit der Begründung, es gehe um eine Rechtsfrage, über die der OGH bisher nicht entschieden hat. Dabei geht es um das interessante Thema, ob "anhaltend negative Medienberichterstattung" über die Bestellung eines Vorstandsmitglieds ein Grund für dessen Abberufung sein kann. Das sagt ja sinngemäß das OLG, das keine grobe Pflichtverletzung durch Sidlo konstatiert hat.

Sidlos Anwalt Gerlach hofft, dass der OGH die Entscheidung des OLG "korrigieren" werde, schließlich sei es zum Schluss gekommen, dass keine grobe Pflichtwidrigkeit vorliege und in Österreich quasi bekannt sei, wie derartige Personalentscheidungen getroffen werden. Sidlo werde daher Revision beim OGH einbringen, wenngleich die "Einstiegshürde" für dieses Verfahren enorm hoch sei. Allein die Gerichtsgebühren (sie bemessen sich am Streitwert), die Sidlo im Vorhinein erlegen muss, betragen 65.000 Euro. Mit derartigen Gebühren liege Österreich im internationalen Vergleich an der Spitze.

In der Causa Casag liegt die Keimzelle jenes mittlerweile riesengroß gewordenen Ermittlungsakts, der Österreich seit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos beschäftigt. (Renate Graber, 14.12.2022)