Mehr Windräder zur Energiegewinnung ist für viele das erklärte Ziel – doch ehe über der Windkraft die Sonne aufgeht, gilt es noch so manch große Hürde zu nehmen.

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Beim Thema Windenergie herrscht in Oberösterreich eine seit vielen Jahren andauernde Flaute. Politisch scheint man sich in der Diskussion über einen Neu- oder Ausbau im Kreis zu drehen. Zudem waren in den letzten Jahren vielerorts protestlaunige Bürgerbewegungen schneller zur Stelle, als ein möglicher Mast hätte aufgebaut werden können.

Die Windanlagenkarte sieht daher dementsprechend dürftig aus: Aktuell gibt es in Oberösterreich nämlich nur 31 Windkraftwerke mit einer Gesamtleistung von knapp über 47 Megawatt. Zum Vergleich: Niederösterreich verfügt über 735 Windkraftanlagen, im Burgenland drehen sich 437 Räder, in der Steiermark immerhin 104, in Wien neun und in Kärnten zwei Anlagen. Als windigen Erfolg feiert man hingegen in Oberösterreich das nach sechs Jahren erste neu errichtete Windrad in Munderfing. Hemmschuh neben einem politischen Unwillen und einem ausgeprägten Bürgerunverständnis sind aber auch die dereinst selbstauferlegten Landesrichtlinien rund um den Neu- und Ausbau von Windkraftanlagen.

Man sieht Rot

Der Masterplan aus dem Jahr 2017 macht nämlich deutlich, wie eng die Windkraftgrenzen in Oberösterreich gesteckt sind. Vor allem sind Zonen, in denen es genug Wind gäbe, allesamt tiefrot eingefärbt – was heißt, dass dort der Traum der Energiewende auf die harte Realität mit Landschaftsschutz, Naturschutz, geschlossenen Waldflächen, und vorgeschriebenen Abstandsregeln zu Wohngebieten trifft.

Auf grüner Seite hat man in Oberösterreich jedenfalls spannenderweise schon vor geraumer Zeit eine Kehrtwende in der heiklen Causa vollzogen und sich ehrgeizige neue Ziele gesteckt: Oberösterreichs Grünen-Chef Stefan Kaineder ist überzeugt, dass es künftig Windräder brauche, die man nicht länger als Störung des Landschaftsbilds betrachten dürfe, sondern als "Zeichen für Freiheit und Demokratie", weil sie "unabhängig von einem Despoten" machen würden. Konkret fordern die Grünen 100 Windräder mit einer Gesamtleistung von 500 Megawatt bis 2030 in Oberösterreich. "Ein Drittel der Haushalte könnte so mit Strom versorgt werden", rechnet Kaineder vor.

Der Windkraft-Masterplan weise seit einer Überarbeitung 2017 nur mehr Ausschlusszonen und keine Vorrangzonen mehr aus, kritisieren Kaineder und Grünen-Klubobmann Severin Mayr unisono. Man werde die Windkraft aber als Komplementärenergie zur Photovoltaik brauchen, so Kaineder. Dass sich die schwarz-blau geführte Landesregierung so gegen die Windkraft sperre, gehe "an der Realität vorbei". Und mit einer rein politischen Diskussion will man sich auf grüner Seite jetzt offensichtlich nicht mehr zufriedengeben. Man hofft jetzt angesichts der aktuellen Energiekrise vor allem auf einen entsprechenden Rückenwind aus den Reihen der Bevölkerung – und initiiert eine Online-Petition für "100 neue Windräder bis 2030".

Neuer Plan

Kernforderungen dabei sind ein Bekenntnis der Landespolitik zur Windkraft, personelle Ressourcen und gesetzliche Regelungen, die rasche Verfahren ermöglichen, sowie die Modernisierung der Stromnetze – und vor allem die Überarbeitung des bestehenden Wind-Masterplans. Kaineder: "Der neue Plan muss auf Basis der Raumordnung auch wieder Windkraft-Vorrangflächen ausweisen. Flächen, die sehr geeignet sind, um dort neue Windkraftanlagen zu errichten."

Rückenwind erhofft man sich in Oberösterreich übrigens auch vom Bundesrechnungshof. Dieser kündigte am Mittwoch an, die Gebarung des Landes hinsichtlich der Standortplanung für erneuerbare Energieträger "an Ort und Stelle" prüfen zu wollen.

Windstille im Westen

Mit Blick in den Westen offenbart sich aber überhaupt Windstille: In Salzburg, Tirol und Vorarlberg dreht sich immer noch kein einziges Windrad. Doch ein Projekt am Windsfeld in Flachau scheint nun konkret zu werden. Auf einem Hang auf 2000 Metern Höhe oberhalb des Tauerntunnels soll ein Windpark entstehen. Auch die Gemeindevertretung Flachau hat sich einstimmig für das Projekt ausgesprochen. Der Bereich ist bereits mit Stromleitungen verbaut und auch kaum einsehbar.

Beim Land Salzburg hat man sich das Ziel gesetzt, bis 2030 zumindest 25 Windräder zu haben. Im räumlichen Entwicklungsprogramm wurden zwölf Vorrangzonen für Windparks, für die öffentliches Interesse bestehe, festgeschrieben. Das soll Gemeinden Arbeit abnehmen, da damit eine vorweggenommene strategische Umweltprüfung einhergehe. Die Entscheidung über die Widmung bleibt bei den Gemeinden. Messungen laufen derzeit auch in Hintersee, Mühlbach und Werfen. De facto ist aber bisher noch kein Projekt über Planungen hinausgegangen. (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, 15.12.2022)