Offenbar nur widerwillig lässt der Twitter-Chef die gesperrten Konten prominenter Journalisten wiederherstellen.

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Nach scharfer internationaler Kritik und dem Resultat einer eigenen Umfrage hat Elon Musk die Twitter-Konten gesperrter Journalisten wiederherstellen lassen. Die eintägige Sperre erfolgte wegen einer Kontroverse über die Veröffentlichung der Flugdaten vom Privatjet des Milliardärs.

"Die Leute haben gesprochen. Konten, die meinen Standort gedoxxt haben, werden jetzt wieder entsperrt", sagte Musk am Samstag in einem Tweet. Damit reagierte er auf eine eigene Umfrage, bei der sich den Angaben zufolge 58,7 Prozent der Teilnehmer für eine sofortige Freischaltung der kürzlich gesperrten Konten aussprach. Dies erfolgte, nachdem bereits eine erste Umfrage über die weitere Vorgehensweise nicht nach seinem Wunsch ausgefallen war.

Kontroverse um Flugdaten

Twitter hatte zunächst am Mittwoch das Konto @elonjet gesperrt, das automatisch in Echtzeit frei zugängliche Informationen zu Bewegungen von Musks Privatjet wiedergibt. Am Donnerstag wurden dann die Konten mehrerer US-Journalisten gesperrt, die im Zusammenhang mit den Daten berichtet haben sollen. Die überzogene Reaktion von Musk, der die Sicherheit seiner Familie gefährdet sah, war auch insofern umstritten, als dass er zwar einen Anonymisierungsdienst für seinen Privatjet verwendet, die Informationen dazu aber dennoch recht einfach herauszufinden sind.

Er drohte mit rechtlichen Schritten gegen den Betreiber von @elonjet, da sein Sohn von einem "verrückten Stalker" verfolgt worden sei. "Mich den ganzen Tag lang zu kritisieren, ist völlig in Ordnung, aber meinen Standort in Echtzeit zu veröffentlichen und meine Familie zu gefährden, ist es nicht", hatte Musk erklärt. Kritiker von Musk sehen in dem Vorfall dagegen einen neuen Beleg dafür, dass der Milliardär, der Twitter erst vor kurzem gekauft hatte und sich selbst als "Absolutist der freien Meinungsäußerung" bezeichnet, Beiträge und Nutzer, die ihm missfallen, von der Online-Plattform aussperrt.

Sorge um Presse- und Meinungsfreiheit

Über die betroffenen Medien hinaus hatte die Sperre der Konten scharfe Kritik ausgelöst. Medien- und Regierungsvertreter weltweit kritisierten Musk scharf und warfen ihm vor, die Pressefreiheit nach Belieben einzuschränken. Während EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourová von "roten Linien" sprach und in einem Tweet offen mit Sanktionen drohte, zeigte sich auch Melissa Fleming, Kommunikationschefin der Vereinten Nationen, "zutiefst beunruhigt" über die Suspendierungen. Medienfreiheit sei kein Spielzeug, heißt es in ihrem Tweet.

Eine Entwarnung könne es nach der Aufhebung der Sperren noch keine geben. So erklärte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk am Samstag, dass "weiterhin ernste Sorge" bestehe, und rief den Milliardär dazu auf, eine grundsätzliche Richtlinie zur Veröffentlichungspolitik des Kurznachrichtendienstes erstellen zu lassen,

Neue Investoren für Twitter gesucht

Unterdessen versucht Elon Musk offenbar, neue Investoren für seinen kürzlich erworbenen Kurznachrichtendienst zu gewinnen. Wie die Nachrichtenwebsite "Semafor" berichtet, habe sich der Vermögensverwalter des Milliardärs, Jared Birchall, an potenzielle Investoren gewandt.

Demnach soll er Twitter-Aktien zum Preis von je 54,20 US-Dollar angeboten haben und damit zum gleichen Preis, den Elon Musk im Oktober für die Privatisierung des Unternehmens dafür bezahlt hat. Eine Stellungnahme von Musk oder Twitter lag zunächst nicht vor.

Unterdessen sind die Aktien von Tesla, den von Musk geführten Autohersteller, am Freitag um 4,7 Prozent eingebrochen und verzeichneten ihren schlimmsten wöchentlichen Verlust seit März 2020. Das sei auch als Sorge der Investoren zu verstehen, dass Musk in den letzten Wochen zu stark von Twitter abgelenkt werde. (Reuters, red, 17.12.2022)