Entwicklerlegende John Carmack legt seine beratende Funktion bei Meta zurück. Der VR-Pionier beklagt sich über die Ineffizienz des Unternehmens.

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John Carmack kehrt Meta endgültig den Rücken. Und wie man es von ihm gewohnt ist, hält er sich dabei nicht mit Kritik zurück. In einem öffentlichen Brief auf Facebook beklagt sich die Entwicklerlegende, die ihre Mitarbeit zuletzt nur noch auf eine Beraterfunktion im Unternehmen beschränkt hatte, dass Meta hochgradig "ineffizient" sei und sich ständig selbst sabotiere.

Eigentlich hätte es nur ein internes Schreiben werden sollen. Da es aber an die Presse durchgesickert ist, hat Carmack sich dazu entschlossen, seine Gedanken mit der Öffentlichkeit zu teilen. Gleich zu Beginn macht der 52-Jährige auch klar, dass er "gemischte Gefühle" mit dem endgültigen Abschied habe. So habe sich die Virtual-Reality-Brille Meta Quest 2 fast genau zu dem entwickelt, was er sich von Anfang an vorgestellt habe. Die Entwicklung hätte mit "anderen Entscheidungen" ein wenig schneller vorangehen können, aber man habe im Großen und Ganzen das Richtige gemacht.

Keine Effizienz bei Meta

Schwer im Magen liegt Carmack allerdings die mangelnde Effizienz. Zwar verfüge Meta über eine "lächerlich hohe Zahl an Mitarbeitern und Ressourcen", allerdings würde sich das Unternehmen permanent selbst sabotieren und Kräfte unnötig vergeuden. Der müde klingende VR-Visionär beklagte zudem, dass er sich zwar auf den höchsten Ebenen des Unternehmens Gehör verschaffen könne, was er scheinbar auch versucht habe, allerdings sei er "nicht überzeugend genug" gewesen.

Das habe letztlich dazu geführt, dass er sich niemals in der Lage sah, "dumme Dinge" abzuwürgen, bevor sie Projekten Schaden angerichtet oder eine Richtung festgelegt hätten, die ein Team nicht mehr ändern konnte. Carmack räumt im Anschluss daran auch ein, dass er sich vielleicht stärker auf den Kampf mit Führungskräften fokussieren hätte sollen, aber mit dem Programmieren beschäftigt war und diesen Kampf wohl ohnehin verloren hätte.

Den Kampf für den Erfolg für Virtual Reality sieht der Visionär nach knapp zehn Jahren aber insgesamt nicht verloren und glaubt sogar, dass sein ehemaliger Arbeitgeber immer noch die richtigen Voraussetzungen dafür habe. "Virtual Reality kann den Menschen Nutzen bringen, und kein Unternehmen ist dafür besser geeignet als Meta", gibt er sich am Ende doch noch ein wenig versöhnlich. Das Alter ist offenbar auch am bissigen John Carmack nicht spurlos vorübergegangen.

Ein Pionier mit Differenzen zu Zuckerberg

John Carmack war maßgeblich daran beteiligt, den Hype um Virtual Reality 2012 neu zu entfachen und begann kurze Zeit später als CTO bei Oculus. Mit der Übernahme durch Facebook, mitlerweile Meta, blieb er in dieser Rolle und war an der Entwicklung mehrerer VR-Projekt federführend beteiligt. Seit 2019 war Carmack nur noch in beratender Funktion bei Meta tätig, was durchaus auch daran liegen dürfte, dass der Programmierer seinen Arbeitgeber stets offen kritisierte.

In einem aktuellen Tweet bekräftigt er bestehende Differenzen mit dem Meta-Chef auch als Grund für seinen endgültigen Abgang: "Es gibt eine bemerkenswerte Lücke zwischen mir und Mark Zuckerberg, was strategische Fragen anbelangt, deshalb wusste ich, dass es besonders frustrierend bleiben würde, meinen Standpunkt intern weiterhin aufrechtzuerhalten." In Zukunft dürfte sich die Aufmerksamkeit des Entwicklers vorerst also voll und ganz auf sein KI-Startup Keen Technologies beschränken. (bbr, 17.12.2022)