Sonja Aboulez leitet normalerweise den Geschäftsbereich Paket Österreich und hilft gerade am Förderband aus.

Foto: Heribert Corn

Inzersdorf. Industriegebiet. Unendliche Weiten. Das riesige gelbe Logo der Post leuchtet an einem kalten Dezembertag statt der Sonne über dem Paketzentrum 1005 in der Halban-Kurz-Straße. Seine Leiterin Irene Bürger steht schon davor; in postgelben Sportschuhen natürlich. Dass Medien in der Weihnachtszeit vorbeikommen, ist sie mittlerweile gewohnt, aber auch Schulgruppen und Studierende führt sie hier immer wieder durch.

Die Menschen interessiert die Reise des Packerls eben, und dazu muss es – zumindest wenn es per Post verschickt wird – solche Paketzentren durchlaufen. Zehn gibt es davon in Österreich insgesamt, das größte und modernste befindet sich mit einer Fläche von 26.200 Quadratmetern im oberösterreichischen Allhaming, aber auch das Zentrum in Inzersdorf mit seinen 11.500 Quadratmetern schindet Eindruck: besonders die riesige dunkelblaue und lautstarke Sortieranlage, die sich durch die Halle schlängelt. Auf ihr werden 110.000 Pakete am Tag – in der weihnachtlichen Hochsaison können es auch schon mal 160.000 werden – befördert. Obwohl sie aus dem Jahr 2005 stammt, also eigentlich erst ein Teenie ist, wirkt sie eher wie eine schnaufende ältere Lady, die sich schon auf die Pension freut. Nächstes Jahr ist es so weit, dann wird es in Inzersdorf ein neues Paketzentrum geben – 22.000 Quadratmeter und drei brandneue Sortieranlagen stehen dann zur Verfügung.

In der weihnachtlichen Hochsaison werden hier bis zu 160.000 Pakete befördert.
Foto: Heribert Corn

"Die meisten Pakete kommen in der Nacht rein", entschuldigt sich Bürger fast für das fehlende Weihnachtschaos und die nicht vorhandenen massigen Paketberge, die sich unser Fotograf wünscht. Aber eigentlich ist es logisch, dass bei einem der größten Logistikunternehmen des Landes nicht zu viel Chaos herrschen kann, sonst läge zu Weihnachten nämlich gar nichts unterm Baum. In Inzersdorf tun neben der Maschine, auf der die Packerln durch die Halle kutschiert werden, 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – wobei es deutlich mehr Männer sind – in einem Dreischichtbetrieb dazu ihr Übriges. "Oft gibt es die Vorstellung, dass in einem Logistikzentrum alles automatisch wäre. So ist das aber nicht. Jedes Paket legen wir händisch auf das Förderband. Vom Sender zum Empfänger geht so ein Packerl ungefähr durch zehn Hände."

Hilfe in der Hochsaison

Sonja Aboulez steuert heute eines dieser zehn Händepaare bei. Normalerweise leitet sie den Geschäftsbereich Paket Österreich und sitzt vermutlich öfter vor einem Computer in einem warmen innerstädtischen Büro, als sie in einer kalten und lauten Halle in Liesing steht. Doch sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Zentralbereichen der Post in der Weihnachtszeit dazu angehalten, ein paar Tage in den Brief- und Paketzentren mitzuhelfen – nicht nur weil diese Hilfe in der Hochsaison gebraucht wird, auch damit Führungskräfte wie Aboulez einen Einblick in die körperlich fordernde Arbeit am Förderband bekommen, wenn sie das wollen.

Unser Fotograf hat es geschafft, sich die gewünschten Paketmengen und einen Mitarbeiter zu organisieren, der sie durch die Halle chauffiert
Foto: Heribert Corn

Aboulez wollte. Sie wird von ihren Schnuppertagen nicht nur einen Muskelkater mitnehmen, sondern auch einige Beobachtungen, die ihr wiederum in ihrem Bereich helfen, etwa über die Wichtigkeit guter Verpackungen. Verwenden Händler von Tierfutter beispielsweise zu dünne Kartons, können die Säcke aufreißen. Wenn dann kiloweise Trockenfutter in so eine Maschine hineinfrolickt, haben weder die Händler, deren Produkt dann unbrauchbar ist, noch die Post etwas davon. "Tierfutter ist massiv geboomt in den letzten Jahren. Das ist für uns nicht nur eine Herausforderung, weil es schwere körperliche Arbeit ist, sondern auch wegen der Verpackungen. Je besser ein Paket verpackt ist, desto besser kann es unsere Anlage verarbeiten. Als Kundin oder Kunde denkt man ja nicht daran, dass Pakete bei uns auf einer Anlage drauf sind, die rollt und rollt und rollt. Das sage ich auch in Richtung der Kundinnen und Kunden, die ihre Retouren schlecht verpacken. Schauen Sie, dass Sie Ihre Pakete ordentlich verpacken, damit sie sicher ankommen", gibt Irene Bürger zu bedenken.

Größer und schwerer

Apropos Boom: Nicht nur Sendungen von Tierfutter haben in den vergangenen Jahren zugenommen, generell sind die großen und schweren Produkte mehr geworden, beobachtet Bürger – neben Paketen von Händlern mit Tierfutter werden auch kleinere Möbel vermehrt mit der Post verschickt. Bis zu 31,5 Kilo darf ein Paket haben. Nicht zuletzt deswegen testet die Post gerade verschiedene Exoskelette, die beim Heben von Lasten helfen sollen. Andere Trends sind schwerer festzumachen, da es "die letzten drei Jahre kein einziges typisches Jahr in der Logistik gab und wahrscheinlich in keiner Branche". Die Leute haben sich aber jedenfalls durch die Pandemie daran gewöhnt, online zu kaufen – zwischen 2019 und 2020 hat die Paketmenge stark zugenommen, was aber weniger an Corona lag als daran, dass die Post das DHL-Geschäft in Österreich übernahm. Auch in "normaleren Zeiten" wuchs das Paketgeschäft pro Jahr um zehn bis zwölf Prozent, während die Briefsendungen um jährlich fünf Prozent abnehmen. Im Jahr 2021 hat die Post jedenfalls 184 Millionen Pakete transportiert.

Bis zu 31,5 Kilo darf ein Paket haben.
Foto: Heribert Corn

Unser Fotograf hat es mittlerweile geschafft, sich die gewünschten Paketmengen und einen Mitarbeiter zu organisieren, der sie durch die Halle chauffiert. Die Kolleginnen und Kollegen beobachten den improvisierten Fotoshoot amüsiert. Eine kurze Verschnaufpause, bevor es in den letzten Tagen vor Weihnachten noch stressig wird. (Amira Ben Saoud, 20.12.2022)