Auf Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) werden beim Tauziehen um den neuen Finanzausgleich viele Augen gerichtet sein – Länder und Gemeinden wollen ein größeres Stück vom Steuerkuchen.

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Am späten Montagnachmittag war es so weit: Bund, Länder und Gemeinden traten in Form ihrer Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter zusammen, um über eine neue Verteilung der heimischen Steuereinnahmen auf die drei Gebietskörperschaften zu debattieren. Es sind die ersten Verhandlungen zum Finanzausgleich seit sechs Jahren. Eigentlich wäre eine neue Aufteilung schon vor zwei Jahren zu verhandeln gewesen. Aufgrund der Corona-Pandemie einigte man sich aber auf eine Verschiebung.

Das Treffen am Montag war allerdings nur eine Auftaktveranstaltung. Konkrete Ergebnisse werden erst für die kommenden Monate erwartet, wenn diverse Untergruppen tagen, die sich etwa Themen wie Kinderbetreuung, Gesundheit, Pflege oder Klimaschutz widmen. Die neue Aufschlüsselung des Finanzausgleichs soll dann im kommenden Herbst stehen und mit 2024 wirksam werden.

Zu verteilen ist die beträchtliche Summe von rund 93 Milliarden Euro. Sowohl Länder als auch Gemeinden hatten bereits im Vorfeld des Treffens ein größeres Stück des Steuerkuchens vom Bund eingefordert. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zeigte sich zwar durchaus aufgeschlossen, mahnte im Gegenzug aber mehr Verantwortung von Ländern und Gemeinden ein. Zähe Verhandlungen dürften also bevorstehen.

Der Finanzausgleich

Weil Österreich ein föderalistisch aufgebauter Staat ist, werden öffentliche Leistungen nicht nur vom Bund, sondern auch von den neun Bundesländern und 2095 Gemeinden erbracht. Mit dem Finanzausgleich wird festgelegt, wie die öffentlichen Aufgaben auf die drei Ebenen aufgeteilt werden – und welchen Anteil am Steuerkuchen sie dafür erhalten. In der aktuellen Verteilung bekommt der Bund 68 Prozent der Steuereinnahmen, die Länder 20 und die Gemeinden zwölf Prozent.

Weil aber auch diverse Transfers zwischen den drei Ebenen stattfinden, sieht die Aufteilung im Endergebnis etwas anders aus. Laut Berechnungen des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ) erhält der Bund letztlich nur 53 Prozent, die Länder bekommen 30 und die Kommunen 17 Prozent. Der Großteil der Transfers vom Bund zu den Ländern fällt für Lehrerinnen und Lehrer an, die in ihrem jeweiligen Bundesland angestellt sind. Weitere zentrale Bereiche sind die Finanzierung der Krankenanstalten und Pflegefonds.

In den vom KDZ berechneten Schlüssel ist zudem noch ein weiterer Faktor einbezogen: Neben den bundesweiten Steuern, die auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt werden und den Löwenanteil der 93 Milliarden ausmachen, lukriert jede der drei Gebietskörperschaften auch eigene Einnahmen durch Steuern. Während sich der bundesweite Steuerkuchen vor allem aus Umsatz-, Lohn- und Körperschaftssteuer speist, generieren etwa die Gemeinden eigene Einnahmen durch die Kommunalsteuer. Unternehmen führen diese für die Löhne der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer an die Gemeinde ab.

Die Forderungen

Man brauche "nicht lange um den heißen Brei herumreden", sagte am Montag Gemeindebundpräsident Alfred Riedl. "Die Gemeinden brauchen grundsätzlich mehr Geld." Riedl begründete das mit stark steigenden Kosten für Kinderbetreuung, Schulen, Gesundheit, Pflege, Soziales und Infrastruktur. Steigerungen bei den Baukosten, steigende Energiepreise und Personalkosten würden die Ausgaben der Gemeinden in die Höhe treiben. Zudem würden diese auch künftig dynamisch steigen, etwa durch den Ausbau der Kinderbetreuung. Zwar stellt der Bund dafür 200 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Der Ausbau bedeute aber auch steigende laufende Kosten für die Kommunen durch mehr Personal und für die Instandhaltung.

Die Länder hatten Forderungen nach mehr Geld im Vorfeld ohnehin schon deutlich artikuliert. Eine Zuweisung höherer Mittel könne aber keine Einbahnstraße sein, lautete die Reaktion des Finanzministers: "Wenn wir über Veränderung des Verteilungsschlüssels sprechen, müssen wir aber auch über Strukturreformen sprechen." Brunner stellte Ideen dazu in Aussicht, wollte sie aber vor dem Treffen am Montag nicht kommunizieren.

Die Reformideen

Eine immer wieder aufkeimende Forderung ist jene nach stärkerer Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Heißt: Länder und Kommunen sollten demnach selbst mehr Steuern einnehmen können, die sie dann zur autonomeren Abdeckung ihrer Kosten nutzen könnten. Man könne "über alles reden", sagte Brunner im Vorfeld immerhin dazu.

KDZ-Föderalismusexpertin Karoline Mitterer weist im STANDARD-Gespräch auf das komplizierte Zusammenspiel der föderalen Ebenen hin, das tiefgreifende Reformen erschwere. Umso mehr, weil eine Zieldefinition, "wo man gemeinsam hinmöchte", fehle. In der Schweiz sei es dagegen mit klaren Zielen gelungen, eine größere Reform des Finanzausgleichs umzusetzen.

"Ich glaube, dass die große Föderalismusreform in Österreich eher nicht funktionieren wird", sagt die Expertin, "weil die Verwebung der Ebenen einfach zu komplex ist." Vielversprechender sei es, sich einzelne große Themen wie den Gesundheitsbereich oder die Pflegefinanzierung herauszupicken und dafür gemeinsam nachhaltigere Lösungen zu finden. (Martin Tschiderer, 19.12.2022)