Im Gastblog erklärt die Juristin Nina Leitgeb die rechtlichen Möglichkeiten bei einer Kündigung des Mietvertrags.

Wir alle wissen, dass sich Lebensumstände sehr schnell ändern können. Ein neuer Job zwingt zum Wohnortwechsel, oder die Wohnung ist aufgrund einer Änderung der finanziellen Verhältnisse schlichtweg zu teuer geworden. Der Blick in den Mietvertrag offenbart dann aber in vielen Fällen, dass die Kündigung des Mietgegenstandes derzeit gar nicht möglich ist. Der Mieter oder die Mieterin hat für eine gewisse Zeit auf die Möglichkeit der Auflösung des Vertrages verzichtet. Will oder kann man diese Frist nicht einhalten, muss geprüft werden, ob der Kündigungsverzicht rechtsgültig vereinbart wurde.

Befristete Mietverträge

Wurde der Vertrag von vornherein für eine bestimmte Zeitspanne (oftmals drei oder fünf Jahre) abgeschlossen, sind die Vertragsparteien grundsätzlich an die vereinbarte Dauer des Vertrages gebunden. Im Voll- und Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) sieht § 29 MRG allerdings bei der Anmietung von Wohnungen ausdrücklich die Möglichkeit der Kündigung nach Ablauf eines Jahres vor. Die Kündigung kann jeweils zum Monatsletzten unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist erklärt werden. Man kann somit frühestens 16 Monaten nach Beginn des Mietverhältnisses die Wohnung zurückstellen. Eine frühere Beendigung des Mietverhältnisses ist nur mit Zustimmung des Vermieters oder der Vermieterin möglich.

Verschiede Umstände können eine Auflösung des Mietvertrages notwendig machen. Doch wann ist eine Kündigung überhaupt möglich?
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Handelt es sich beim gegenständlichen Mietgegenstand um eine Vollausnahme vom MRG – wie beispielsweise bei einem Einfamilienhaus – oder aber um ein Geschäftslokal, greift der eben genannte Paragraf – und damit die gesetzlich festgelegte Möglichkeit der frühzeitigen Kündigung – nicht.

Unbefristete Mietverträge

Wird ein unbefristeter Mietvertrag geschlossen, kann dieser prinzipiell jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist vom Mieter oder von der Mieterin gekündigt werden. Es gibt jedoch immer wieder Mietverträge, in denen die Parteien vereinbaren, dass der Mieter oder die Mieterin für eine gewisse Zeit auf eine Kündigung verzichten. Obwohl so eine Vereinbarung grundsätzlich zulässig ist, stellt sich hier die Frage, inwieweit die Klausel aufgrund der vereinbarten Dauer dieses Kündigungsverzichts rechtlich durchsetzbar ist.

Aktuelle Rechtsprechung

In der Entscheidung 9 Ob 13/21h hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass es hier im Anwendungsbereich des KSchG (Konsumentenschutzgesetz, Geschäfte zwischen Verbrauchern und Unternehmern) Grenzen gibt. In dieser Entscheidung ging es um eine Klausel in Mietverträgen, die den Mietern und Mieterinnen die Kündigung erst nach Ablauf von drei oder fünf Jahren zum Quartalsende und unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist gestattet hätte. Der OGH verwies hierbei auf § 6 Abs 1 Z 1 KSchG, wo festgehalten ist, dass für Verbraucher und Verbraucherinnen insbesondere solche Vertragsbestimmungen – im Sinne des § 879 ABGB – jedenfalls nicht verbindlich sind, nach denen sich der Unternehmer oder die Unternehmerin eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingt, während Verbraucher und Verbraucherinnen an den Vertrag gebunden sind.

Zur Feststellung, ob so eine unangemessen lange Frist vorliegt, ist eine Gesamtbewertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen. Es sind die Interessen der vermietenden Partei mit den Interessen des Mieters oder der Mieterin abzuwägen. Hier wurde insbesondere auch die Tatsache berücksichtigt, dass der mietenden Seite bei einer langen Bindung an den alten Vertrag eine finanzielle Doppelbelastung droht und dies existenzbedrohend werden kann. In diesem Verfahren wurde dem Vermieter verboten, diese Klausel weiter zu verwenden beziehungsweise sich darauf zu berufen. Die betroffenen Mieter und Mieterinnen konnten den Vertrag auflösen. Diese Ansicht wurde auch in einer späteren Entscheidung (8 Ob 94/21p) bestätigt.

Die Entscheidungen zeigen, dass überlange Bindungen im Anwendungsbereich des KSchG nur in Ausnahmefällen zulässig sind und eine individuelle Prüfung für Mieter und Mieterinnen, die in ihren Kündigungsmöglichkeiten beschränkt sind, jedenfalls sinnvoll ist. Ein einjähriger Kündigungsverzicht wird in Anlehnung an den § 29 MRG aber wohl als zulässig erachtet werden können. (Nina Leitgeb, 9.01.2023)