Gina Schwarz – Multiphonics 8

Bassistin und Komponistin Gina Schwarz schafft es, sowohl im Bereich des Notierten wie des Improvisierten spannende Strukturen entstehen zu lassen. Auf Way To Blue (Cracked Anegg Records) ging sie von der Musik des britischen Folksängers Nick Drake (1948–1974) aus und übertrug ihre Ideen auf eine größere Besetzung. Es entstanden drängende, repetitiv angestachelte Musik, sich gegenseitig aufschaukelnde Soli und jazzrockige Grooves. Als Kontrast zu dieser expressiven Seite sind da auch intime balladenartige Stücke und Momente des Spontanen, bei denen Schwarz als Bassistin berückt. Große Klasse.

Jelena Popržan Quartett

Jelena Popržan, die originelle Bratschistin und Sängern zwischen diversen Stilstühlen, widmet sich hier einer Art kammermusikalischen Besetzung. Ihr Quartett vereint Klarinette (Christoph Pepe Auer), Cello (Clemens Sainitzer) und Kontrabass (Lina Neuner), was ein ganz eigenes Klangbild ergibt. Inhaltlich geht es auch um die Vertonung der Gedichte der polnisch-wienerischen Poetin und Shoah-Überlebenden Tamar Radzyner (1932–1991). Es entstanden wehmütige Zeitlupenminiaturen (Restbestände) wie auch Stücke (wie Ameisen), die wie kleine Miniopern beeindrucken. Auch große Klasse.


Igor Levit – Tristan

Spannend, wenn ein Künstler versucht, konzeptalbumartig ein Thema zu bearbeiten. Wenn Igor Levit einem Album den Titel Tristan (Sony) herausgibt, ist klar, alles ist thematisch miteinander gut verwoben: Es geht um Nachtstimmungen, Tragik und wahnhafte Zuneigung. Es beginnt zwar verlockend leicht mit Liszts Liebestraum Nr. 3. Hernach darf man sich aber dem Genuss von Henzes komplex-düsterem Tristan mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Franz Welser-Möst widmen. Natürlich ist auch Wagners Tristan dabei. Pianist Levit nimmt das Vorspiel langsam, der Akkorde entfalten ausgiebig ihr Fluidum, und doch ist da Spannung. Klassik mit Tiefe und Klasse. (Ljubisa Tosic, 29.12.2022)