Langfristig, hofft Rochko, wird Mastodon Twitter und andere kommerzielle Social Networks ersetzen.

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Für Twitter hielt sich der Nutzerabfluss in Richtung Mastodon in Grenzen. Zwar eröffneten, soweit die Datenlage eine Analyse erlaubt, einige User infolge von Elon Musks Übernahme ein Konto auf einer Instanz des dezentralisierten Konkurrenten, aber nur sehr wenige legten auch ihre Twitter-Präsenz still.

Für das 2016 gestartete Mastodon bedeutete die Ankunft von über zwei Millionen neuen Nutzern aber einen massiven Wachstumsschub, der sich einige Zeit lang auch mit Performanceproblemen bei einigen Instanzen bemerkbar machte. Verzeichnete der offizielle Client in den App-Stores in den Tagen vor dem Twitter-Chef-Wechsel noch etwa 6.000 Downloads täglich, schnellte diese Zahl danach auf bis zu 243.000 hoch, schreibt "Ars Technica" unter Verweis auf Daten von Sensortower. Gemäß den Angaben aus einem Blogeintrag im November hat man nun insgesamt 2,5 Millionen User.

US-Investoren sollen hunderttausende Dollar geboten haben

Laut Eugen Rochko, einem deutschen Softwareentwickler und Gründer von Mastodon, hat die plötzliche Beliebtheit auch für Interesse bei Kapitalgebern gesorgt. Gegenüber der "Financial Times" erklärt er, dass er mittlerweile Angebote von mehr als fünf Risikokapitalgebern aus dem kalifornischen Silicon Valley abgelehnt hat, die sich gegen Geld am Netzwerk beteiligen wollten. Dabei sei es um Beträge in der Höhe von hunderttausenden Dollar gegangen.

Mastodon werde aber eine Non-Profit-Unternehmung bleiben, sagt Rochko. Dieser Status sei auch in Zukunft "unberührbar". Ihm sei es ein Anliegen, dass Mastodon nicht zu allem werden, "was man an Twitter hasst". Gerade die Aufteilung in Instanzen, die auch jeweils ihre eigenen Moderationsstrategien pflegen, ist seiner Ansicht nach ein Pluspunkt des mit Open-Source-Code laufenden Netzwerks.

Dazu vermeidet man auch die Möglichkeit, dass es "von einem kontroversen Milliardär übernommen wird, abgeschalten wird oder bankrott geht". Es ginge letztlich um den Unterschied in den Paradigmen der jeweiligen Plattformen.

Langer Weg zum Twitter-Ersatz

Mastodon finanziert sich über Spenden, die hauptsächlich über die Plattform Patreon lukriert werden. Dort steuern über 8.500 Spender monatlich etwa 28.000 Euro bei. An Rochko selbst gehen dabei monatlich 2.900 Euro. Die Sperre von Journalisten im Rahmen der Causa Elonjet sowie das angekündigte und dann wieder revidierte Verbot der Verlinkung auf verschiedene andere Plattformen, inklusive Mastodon, hatte er kritisiert. Das sei eine "deutliche Erinnerung, dass zentralisierte Plattformen arbiträre und unfaire Grenzen" hinsichtlich dessen, was gesagt werden darf, einziehen können.

Langfristig strebt Rochko an, Twitter und andere kommerzielle Netzwerke mit Mastodon zu ersetzen. Er gesteht aber ein, dass der Weg bis zur eventuellen Erreichung dieses Ziels noch ein weiter sei. Gleichzeitig gibt sich der Entwickler aber optimistisch, denn immerhin sei Mastodon "nun so groß, wie es noch nie zuvor war". (gpi, 29.12.2022)