Alpine ist vermutlich nicht die erste Sportwagenmarke, an die man denkt, sollte man an Sportwagenmarken denken. Vermutlich auch nicht die zweite oder dritte. Viele haben vielleicht noch gar nicht von ihr gehört und das nicht ohne Grund. Nach einem längeren Hiatus präsentierte die französische Firma erst 2017 ihre erste Serienproduktion des 21. Jahrhunderts: eine neue A 110. Die bleibt bis heute ihr einziges Modell, hat aber kontinuierlich neue Versionen dazu bekommen, zuerst S, dann GT und seit kurzem gibt es einen noch teureren, schnelleren Buchstaben: R.

Auf dem Asphalt der Rennstrecke fühlt sich die Alpine doch am wohlsten. Dort empfiehlt es sich auch zu bleiben.
Foto: Alpine

R steht hier vielleicht für "Richtig viel Gewicht einsparen", denn das war der Hauptfokus bei der Entwicklung dieses Rennwagens, der am ehesten mit der vorigen sportlichsten Version, dem A 110 S, verglichen wird. Der Motor wurde nicht verändert, 300 PS ist so eine schöne Zahl, stattdessen wurde ihm die Arbeit so gut es geht erleichtert, sowohl mittels Massendefekts als auch durch verbesserte Aerodynamik.

Echt viel Kohle

Wie geht man sowas an? Zuallererst wird einmal jedes Bauteil, das nicht bei drei am Baum ist durch Karbon- und Glasfaser ersetzt. Front- und Heckspoiler, Sideskirts, Diffusor, sogar die Räder sind aus Kohlefaser. Das Heckfenster war ursprünglich aus Glas, wie Sie wissen ein transparentes Material, das leider zu schwer war: weg damit! Durch Kohlefaser kann man zwar nicht durschauen, aber dafür spart man sich dadurch auch gleich den Innenrückspiegel, Win-Win.

Vorsicht beim reinkraxeln, wer dafür nicht den Körperbau hat, kommt unter umständen nicht mehr raus.
Foto: Alpine

Sitze? Kohlefaser, wer hätt’s gedacht. Elf Kilogramm wiegen die Schalensitze, fünf weniger als beim Vorgänger. Befestigen kann man sie am eigenen Körper mit einem Sechs-Punkt-Gurt, das schränkt zwar stark die eigene Bewegungsfreiheit ein, dafür fällt der tonnenschwere Bremsmechanismus eines gewöhnlichen Dreipunktgurtes weg.

Der Auspuff kann leider aus temperaturtechnischen Gründen nicht aus Karbon gemacht werden, er würde schmelzen. Hier zeigt Alpine, dass sie definitiv nicht im vorigen Jahrhundert steckengeblieben sind und baut auf eine Metall 3D-Druck Technologie um den Duplexauspuff möglichst gewichtsparend zu gestalten.

Das Mittelmotor-Layout verkompliziert zwar die Bezeichnung der Frontklappe, unter der sich ein zweiter 100 Liter Kofferraum verbirgt, aber wie auch immer man diese Haube nennen möchte, sie ist selbstverständlich ebenfalls aus Kohlefaser gefertigt und wird, gemeinsam mit dem Dach, unlackiert belassen, um den Karbonfaser-Look zu bewahren.

Wiegt soviel wie der Yaris, hat aber die vierfache Leistung. Artikel folgt.
Foto: Alpine

Das Resultat? Insgesamt 34 Kilo wurden durch diese konsequente Diät abgeschoren, 1082 Kilogramm Leergewicht sagt die Waage. Jede der 300 Pferdestärken des 1,8 Liter Vierzylinders muss sich um lediglich 3,9 Kilo kümmern, wenn man den Fahrer außer Acht lässt. Das und der verbesserte Heckspoiler, der 29 kg mehr Anpressdruck auf der Hinterachse produziert als beim S, ermöglicht der R Version die Vier-Sekunden-Grenze von 0 auf 100 zu durchbrechen. Auch die Höchstgeschwindigkeit ist auf Grund der Formel 1 inspirierten Aerodynamik gestiegen, von 260 auf 285 km/h.

Und es hat sich gelohnt, das Fahrerlebnis hat profitiert. Der 4,1 Meter lange Wagen ist wendig wie sonst was, die starren Karbonsitze lassen einen die Straße spüren und 3,9 Sekunden Beschleunigung sorgen in einem Benziner für deutlich weniger Magenumdrehungen als in einem Elektrofahrzeug.

Die Lackierung hier ist die gleiche, die Alonso’s Alpine letzes Jahr in der Formel 1 trug. Muss man sich schon gönnen und schaut in natura auch echt geil aus.
Foto: Alpine

Man gibt natürlich etwas Komfort auf, im Namen der Rundenzeiten. Die Straßenzulassung hat hier primär den Zweck, sich das Aufladen auf einen Trailer zu ersparen, wenn man die lokale Rennstrecke besuchen möchte. Als Alltagsauto ist dann vielleicht doch eher der GT zu empfehlen, den Alpine mit schweren, aber doch angenehmen Features beladen hat. Und was kostet der Spaß?

Echt viel Kohle

Ja, billig ist er nicht. Seit 1. Dezember kann man ihn in Österreich bestellen, Auslieferung folgt dieses Jahr, vorausgesetzt der Kunde überweist 112.000 Euro an den Alpine Händler seines Vertrauens. Das ist schon heftig, besonders wenn man bedenkt, dass die Matt Racing Blue Lackierung ein absolutes Must-Have ist und 6.550 € extra kostet. (Felix Pisecker, 9.3.2023)