Verlässt nach 45 Jahren die OMV: Johann Pleininger, der im Vorstand von Österreichs größtem Industriekonzern bisher für den Bereich Exploration und Produktion zuständig war.

Foto: apa / hans punz

Es war lange sehr ruhig um ihn, und plötzlich wurde es sehr laut: Mit aller Macht drängte Johann Pleininger, das OMV-Urgestein, nach dem Abgang von CEO Rainer Seele im Sommer 2021 an die Spitze des Konzerns. Als Generaldirektor wollte er retten, was aus seiner Sicht unbedingt gerettet werden musste – das Öl- und Gasgeschäft.

Mit Seele im Chefsessel schien eine langfristige Absicherung der Sparte, für die Pleininger leibt und lebt, nicht garantiert. Der aus Deutschland stammende Seele, der im Sommer 2015 als Nachfolger von Gerhard Roiss an die Spitze des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns kam, sah die Zukunft der OMV in mehr Chemie und Kunststoff. Pleininger, der es im September 2015 in die OMV-Vorstandsetage schaffte, intrigierte Seele hinaus. Jetzt ist er selbst weg.

Letzter Arbeitstag

Freitag war nach 45 Jahren OMV-Zugehörigkeit sein letzter Arbeitstag im Unternehmen; mit Jahresende scheidet der in Mistelbach geborene und im Schatten der Bohrtürme im Weinviertel sozialisierte Pleininger vorzeitig aus dem Konzern.

Rainer Seele stellte als OMV-CEO die Weichen Richtung Chemie und sah sich fortan Intrigen ausgesetzt, die nicht nur, aber auch von Johann Pleininger ausgingen. Dieser befürchtete einen Bedeutungsverlust für die Öl- und Gassparte im Konzern.
Foto: reuters / leonhard foeger

Sein Vertrag wäre Ende August 2023 ausgelaufen. Im Mai hatte sich der Aufsichtsrat gegen eine Verlängerung ausgesprochen. Mark Garrett, als Ex-Chef der OMV-Kunststofftochter Borealis pro Chemie eingestellt, brachte einen Antrag ein, das Vorstandsmandat von Pleininger auslaufen zu lassen.

Für Beobachter war die Mitte Dezember erfolgte Bekanntgabe, Pleininger werde "im gegenseitigen Einvernehmen" seine Vorstandsposition per Jahresende 2022 vorzeitig zurücklegen, keine Überraschung, zumal die OMV mit einer neuen Unternehmensstruktur ins neue Jahr startet. Der Bereich Exploration und Produktion (E&P), den Pleininger bisher verantwortet hat, wird, wie berichtet, mit dem Gas- und Low-Carbon-Geschäft zusammengelegt und in der neuen Geschäftseinheit Energy gebündelt. Dass Pleininger dafür nicht mehr die Verantwortung tragen würde, war Insidern klar. Klar ist aber auch, dass Österreichs größter Industriekonzern mit Pleininger einen ausgewiesenen Ölfachmann verliert.

Eine Ölpumpanlage bei Matzen im Bezirk Gänserndorf (NÖ), dort, wo die Wurzeln der OMV als Öl- und Gasunternehmen liegen. Jetzt verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend Richtung Chemie.
Foto: apa / harald schneider

Pleininger, der im Februar 62 Jahre alt wird, kennt die OMV wie kein Zweiter. Er hat 1977 in Gänserndorf als Betriebsschlosser begonnen und es bis zum Generaldirektor-Stellvertreter gebracht. Zuvor verdiente sich Pleininger seine Sporen in Rumänien, wo die OMV nach der Übernahme von Petrom 2004 viel Geld und Zeit in die Restrukturierung des Unternehmens stecken musste. Pleininger löste dies nach außen hin bravourös; intern gab es erste Stimmen, die Pleininger mit Intrigen und undurchsichtigen Geschäften in Verbindung brachten.

Deckname "Otto"

So sollen insgesamt 9,1 Millionen Euro an eine Truppe geflossen sein, die sich u. a. aus einer Privatagentin mit Stasi-Vergangenheit, einem Beamten des österreichischen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, einem deutschen Kriminalkommissar sowie einer Kommunikationsberaterin zusammensetzte, wie das Nachrichtenmagazin "Profil" und zuvor das inzwischen eingestellte "Addendum" recherchiert haben. Der Projektname lautete "Scout".

Das Geld soll über dubiose Kanäle aus der OMV bzw. Petrom geschleust und an Personen, die teils im Dunkeln gehalten wurden, verteilt worden sein. Ein Name taucht immer wieder auf: "Otto". Dieser soll die Operationen gutgeheißen haben. Hinter "Otto" wird Pleininger vermutet. Der hat das wiederholt bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung.

Schluss mit Intrigen?

Alfred Stern setzte sich im Kampf um den Chefsessel der OMV gegen Johann Pleininger durch.
Foto: heribert corn

In Gänserndorf, der Wiege der OMV, gilt Pleininger als Hero. So gut wie alle wollten ihn als Generaldirektor. Er würde, so die Hoffnung vieler, für ihre Belange eintreten und das Öl- und Gasgeschäft langfristig absichern. Pleininger wusste Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf seiner Seite – und scheiterte dennoch. Alfred Stern, ein Chemie-Mann, wurde im Herbst 2021 OMV-Chef.

Dass jetzt Schluss ist mit Machtspielen im "Intrigantenstadl" OMV, darf bezweifelt werden. Schließlich kann man auch von außen interne Konflikte ganz schön schüren.

(Günther Strobl, 31.12.2022)