Herr D. und Frau M. lieben das nomadische Leben. Seit einigen Jahren wohnen sie in einer selbstgebauten Jurte auf dem Land – und hoffen, dass diese Wohnform in Österreich eines Tages legalisiert und erleichtert wird.

"Wir waren zwar noch nie in der Mongolei, und es ist ein großer Traum von uns, eines Tages mal das Land zu bereisen. Aber wir interessieren uns für die Kultur der Nomaden, und ein guter Freund von uns ist sogar Jurtenbauer, einer der wenigen in Österreich. Er hat sich in den letzten Jahrzehnten ein umfassendes Wissen über die Bauweise und das Material angeeignet. Uns hat er mit den nötigen Baustoffen versorgt und mit dem nötigen Know-how unterstützt. Seit 2016 wohnen wir hier nun. Das ist jetzt unser Zuhause.

"Gratwanderung zwischen Selbstermächtigung und Verbot": Herr D. und Frau M. in ihrer Jurte.
Foto: F.A.

Man kann es sich kaum vorstellen, aber davor haben wir ganz klassisch in der Großstadt in einer gründerzeitlichen Wohnung gewohnt. Eh sehr schön, dennoch hatten wir eines Tages das Gefühl, dass uns die Decke auf den Kopf fällt. Also haben wir entschieden, aufs Land zu ziehen und unserem Leben einen Tapetenwechsel zu verpassen – mit einem Wohnen nah an der Natur, am Wetter, an den Jahreszeiten. Wir hören und spüren die Elemente: Wenn der Wind weht, hört man das Rauschen in den Bäumen, wenn der Sturm geht, wackelt das ganze Haus, und wenn es regnet, dann macht sich ein heimeliges Prasseln rund um die Jurte breit. Der erste Winter, den wir hier verbracht haben, war zugleich der kuscheligste und gemütlichste Winter, den wir je erlebt haben!

Der Bau der Jurte hat wenige Wochen gedauert. Die Grundkonstruktion aus Holz haben wir angekauft, das sind CNC-gefräste Stäbe und Spanten aus Esche, die passgenau, wirklich millimetergenau ineinanderpassen. Erst haben wir eine Grundplattform aus Holz errichtet und mit Leca-Steinchen gedämmt. Danach haben wir die tragende Konstruktion aufgebaut, die so berechnet ist, dass sie sogar imstande ist, die Schneelast zu tragen. Am Ende schließlich haben wir die Jurte zugedeckt und zugeschnürt. Beim Zuschneiden und Nähen der Wände hat uns die ganze Familie geholfen.

Fotos: F.A.

Am meisten fasziniert uns die dünne Außenhaut der Jurte. Über dem Holzgestell befindet sich ein Baumwollstoff, darüber gibt es eine drei Zentimeter dicke Filzschicht aus Schafwolle, den Abschluss bildet ein imprägniertes Baumwoll-Kunststoff-Gewebe. Das Haus ist absolut wind- und wasserdicht, und auch beim Heizen haben wir keinerlei Probleme. Wir haben einen kleinen Holzofen, wir kommen mit sechs bis sieben Festmeter Holz pro Saison aus. Das reicht, um es uns untertags und auch am Abend warm zu machen. Der einzige Nachteil: Manchmal wacht man in der Früh, wenn der Ofen schon aus ist, bei 14 oder 15 Grad Celsius Raumtemperatur auf, dann ist es kurz frisch bis zum Einheizen.

Alles in allem ist es ein archaisches und nahezu autarkes Wohnen auf 38 Quadratmeter Grundfläche. Wir haben eine Küche, eine Dusche und auch ein paar Luxus-Annehmlichkeiten wie Mikrowelle und Geschirrspüler, das Klo wiederum ist eine simple Trockenkompost-Toilette im Freien, ein paar Meter von der Jurte entfernt. Unter dem Haus haben wir einen Brunnen mit Trinkwasserqualität, und das Abwasser versickert etwas weiter weg bei uns auf dem Grundstück, in einem komplexen Filtersystem aus Sand und Schotter. Daher geben wir auch bei den Seifen und Spülmitteln darauf acht, dass sie ohne chemische Zusatzstoffe auskommen und zu 100 Prozent biologisch abbaubar sind.

Der Bau der Jurte von Herrn D. und Frau M. hat nur wenige Wochen gedauert. "Beim Zuschneiden und Nähen der Wände hat uns die ganze Familie geholfen", erzählen die beiden. Wo genau sich die Jurte befindet, muss geheim bleiben.
Fotos: F.A.

Es ist schade, dass das Leben in der Jurte in Österreich so erschwert wird und eigentlich im Graubereich zwischen Legalität und Illegalität angesiedelt ist – und zwar, weil man eine einfache Jurte nicht so konstruieren und haustechnisch berechnen kann, wie es die Bauordnung verlangen würde. Das Wohnen hier ist eine Gratwanderung zwischen Selbstermächtigung und Verbot.

Wir kennen viele Menschen, die gerne auch so wohnen wollen würden wie wir. Daher wäre es schön, wenn es in Österreich eine Ausnahmeregelung gäbe, die mit einer Art Handlungsleitfaden ein Wohnen in Autarkie fördern und ermöglichen würde. Das ist unser Appell an die Politik." (Protokoll: Wojciech Czaja, 2.1.2023)