Laut dem Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbands würden die Menschen eher bei sich selbst sparen als bei ihren Liebsten.

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Trotz Teuerung, Energiekrise und Krieges ist das Weihnachtsgeschäft im Jahr 2022 bis jetzt zufriedenstellend gewesen. Man habe gesehen, dass die Menschen eher bei sich sparen als bei ihren Liebsten, sagte der Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbands, Rainer Will, im Ö1-"Morgenjournal".

Er betonte aber auch, dass das Geschäft rund um Weihnachten als Einmaleffekt bezeichnet werden. "Im Gesamtjahr und im Dezember werden wir im Vergleich zum Vorjahr mit einem Realminus von einem Prozent aussteigen." Will erinnerte daran, dass es im vergangenen Jahr zu dieser Zeit auch Lockdowns gegeben habe. Von der Vorkrise sei der Handel weit entfernt, zumal die Inflation einer Aussendung des Handelsverbands zufolge die Zuwächse gegenüber den Vorjahren aufzehren werde.

Die multiplen Krisen hätten zudem das Einkaufsverhalten verändert. Mittels Wifo-Prognosen, Händlerbefragungen und Marktforschungsagenturen auf der Konsumentenseite konnten laut Will Zahlen erhoben werden, die zeigen, dass sich jeder Fünfte auf lebensnotwendige Güter beschränken muss. 80 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten geben an, sich deutlich einzuschränken.

Zu Weihnachten haben die Menschen 2022 am liebsten "Freiheitsgrade" verschenkt, Gutscheine hätten den ersten Platz unter den beliebtesten Geschenken eingenommen:"38 Prozent haben ihren Liebsten die Wahl gelassen, was sie dann tatsächlich kaufen." Dahinter reihen sich laut Aussendung Bekleidung, Kosmetik, Süßes, Bücher und Spielzeug.

Handel ist zuversichtlich für Jänner

In der Zeit zwischen dem 24. Dezember und Silvester werden rund zehn Prozent des Weihnachtsgeschäfts erwirtschaftet. Da über den Jahreswechsel vielfach Geld geschenkt wurde, zeigt sich Will auch für die ersten Tage im Jänner, die für das Weihnachtsgeschäft traditionell wichtig sind, zuversichtlich: "Die Gutscheine, die verschenkt wurden, werden jetzt dann auch eingelöst. Im Jänner erwarten wir solide Umsätze. Ab Februar tritt dann traditionell eine schwächere Kaufkraftphase ein." Nach einer herausfordernden Phase im ersten und zweiten Quartal des kommenden Jahres, in denen insgesamt alle Kostenblöcke bei Personal, Miete und Energie steigen würden, hoffe er im Anschluss auf einen Aufschwung.

Dass nun auch weniger energieintensive Betriebe mit einem Energiekostenzuschuss unterstützt werden, befürwortet Will: "Es wurde Zeit, dass die Regierung das auch national umsetzt. Strukturreformen sind aber wichtiger als Einmaleffekte und Boni." Dabei verwies er auf den Arbeitsmarkt und die Mietvertragsgebühren. Österreich sei das letzte Land in Europa, in dem diese für den stationären Handel noch zu zahlen seien. Dazu hat Will klare Worte: "Jeder Gewerbliche fühlt sich verarscht, wenn er das zahlt und gleichzeitig Onlinehändler wie Giganten agieren können."

Deutscher Handel weniger optimistisch

Der deutsche Handel zeigt sich im Gegensatz zum österreichischen weniger optimistisch. "Unsere aktuelle Trendumfrage im Einzelhandel zeigt, dass die Mehrheit der Händler nicht damit rechnet, dass sich die Umsätze im Jahr 2023 erholen werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe wegen des Ukraine-Krieges und seiner wirtschaftlichen Folgen eine große Unsicherheit bei den Konsumentinnen und Konsumenten und bei den Händlern. "Deshalb gehen wir mit sehr bescheidenen Erwartungen in das Jahr 2023 – eher mit Sorge als mit einem positiven Blick", sagte der Branchenvertreter.

Das Jahr 2022 habe für den Handel zwar gut begonnen, der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine habe dann aber zu einer nie dagewesenen Wendung in der Verbraucherstimmung geführt, sagte Genth. "Im Oktober hatten wir ein Allzeittief in der Konsumstimmung – und November und Dezember brachten nur eine leichte Aufhellung." Alles in allem sei 2022 für den Handel ein sehr durchwachsenes Jahr gewesen.

Das zeige sich auch in vielen Innenstädten. "Wir verlieren aktuell enorm viele Läden." Allein 2022 dürften nach seiner Einschätzung rund 16.000 Geschäfte für immer ihre Tore geschlossen haben. "Gut dreimal so viele wie in einem normalen Jahr", sagte Genth. Und es sehe so aus, als ob sich dieser Trend im neuen Jahr fortsetzen würde. (awie, APA, 2.1.2023)