Ihnen wird zugetraut, auch weiterhin ihre jeweiligen Parteien führen zu können (wenn auch nicht in dieselbe Richtung): Beate Meinl-Reisinger und Herbert Kickl.

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Linz – Dass die österreichischen Parteien gut vorbereitet in das Jahr 2023 starten würden, kann man wirklich nicht behaupten. In der Jahreswechsel-Umfrage, die das Linzer Market-Institut Ende Dezember für den STANDARD durchgeführt hat, hat die bestbewerte Partei die Schulnote 3,33 bekommen – für die am schlechtesten bewertete Partei hat es nur für die Note 4,3 gereicht. Diese am schlechtesten bewertete Partei ist die MFG, deren Stern im Sinken ist, seit die Themen Corona und Impfen niemanden mehr sonderlich aufregen. Die Note ergibt sich aus dem Durchschnitt der von 807 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten vergebenen Schulnoten von 1 bis 5. Jeder zweite Befragte vergab für die MFG einen Fünfer.

Gut vorbereitete SPÖ

Die Partei, der am ehesten zugetraut wird, "auf die Herausforderungen von 2023" vorbereitet zu sein, ist die SPÖ. Nur 21 Prozent sehen sie als gar nicht gut vorbereitet (Note 5), aber es vergeben auch nur vier Prozent einen Einser. Und das, obwohl die SPÖ in der Hochrechnung zuletzt mit 26 Prozent weit über ihrem Nationalratswahl-Ergebnis (21 Prozent) gelegen ist. Market-Institutsleiter David Pfarrhofer verweist darauf, dass auch von den erklärten SPÖ-Anhängern nur etwa jeder Siebente der eigenen Partei ein "Sehr gut" gibt. Zum Vergleich: Bei der mit der Durchschnittsnote 3,5 etwas schlechter bewerteten ÖVP ist immerhin jeder Dritte überzeugt, dass die eigene Partei sehr gut vorbereitet sei.

In der Notentabelle sticht vor allem die FPÖ hervor: Zwar wird sie von vielen Wahlberechtigten abgelehnt, was sich dann in vermehrt vergebenen schlechten Noten niederschlägt. Jedoch sind zwölf Prozent der Meinung, die FPÖ sei sehr gut vorbereitet – unter den erklärten FPÖ-Anhängern ist es sogar jeder Zweite.

Herbert Kickls unbestreitbare Stärken

Pfarrhofer: "Es gehört zum Erfolgskonzept der Freiheitlichen, dass sie polarisieren – und das schlägt sich nicht nur in ihrer derzeitigen Performance in den Hochrechnungen nieder. Im Dezember ist die FPÖ in der Sonntagsfrage bei 28 Prozent, knapp vor der SPÖ, gelegen. Was auffällt, ist die persönliche Performance von Herbert Kickl, der im Frühjahr 2022 nur von sieben Prozent als Kanzler gewünscht wurde. Jetzt würden ihn 17 Prozent als Kanzler wollen, gleich viele wie Pamela Rendi-Wagner."

Deutlicher Unterschied zwischen Kickl und Rendi-Wagner: Der FPÖ-Chef ist unangefochten Chef seiner Partei. Nur ein Fünftel der Befragten rechnet damit, dass er im Lauf des heurigen Jahres an der FPÖ-Spitze abgelöst wird. Nur Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wird in ähnlichem Maße zugetraut, ihre Partei weiter zu führen.

Anders Rendi-Wagner: 46 Prozent rechnen mit einem Wechsel an der Spitze der Sozialdemokratie im Jahr 2023 – und diese Erwartung wird auch von erklärten Gefolgsleuten der SPÖ in ähnlichem Maße getragen. Hier lohnt allerdings ein Zeitvergleich: Der STANDARD ließ dieselbe Frage seit 2017/18 zum Jahreswechsel stellen, und es waren meist zwischen 46 und 50 Prozent der Meinung, dass es einen Wechsel an der SP-Spitze geben würde, nach der verlorenen Wahl 2019 waren es sogar 69 Prozent. Aber Rendi-Wagner hat das alles überstanden.

Mangelndes Vertrauen in Regierungsspitze

Und: Die Erwartung, dass Kanzler Karl Nehammer seinen Posten als Chef der ÖVP heuer räumen muss, ist mit 46 Prozent gleich hoch, 37 Prozent glauben auch an einen Wechsel an der Spitze der Grünen.

Das führt zur abschließenden Frage, wer denn künftig eine stärkere Rolle in der österreichischen Politik spielen sollte. Die Tabelle wird von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit 35 Prozent angeführt, gefolgt vom burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) mit 27 Prozent, den Ministern Martin Kocher (Wirtschaft, ÖVP) und Alma Zadić (Justiz, Grüne) mit jeweils 25 Prozent und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit 24 Prozent.

Dem Wunsch, dass eine politische Spitzenpersönlichkeit künftig eine starke Rolle spielen soll, steht allerdings einiges entgegen, erläutert Pfarrhofer: "Zunächst muss die betreffende Person bekannt sein. Sieben von zehn Befragten kennen beispielsweise den steirischen Landeshauptmann Christopher Drexler zu wenig, um ihn beurteilen zu können, dasselbe gilt für seinen Tiroler Amtskollegen Anton Mattle oder den Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Diejenigen, die sie vielleicht nur vom Hörensagen kennen, geben dann quasi auf Verdacht eine negative Note. Zweitens muss man im Hinterkopf haben, dass ja keine Partei mehr als 28 Prozent für sich hat – alle außer dem Bundespräsidenten müssen sich in der Bewertung also Befragten stellen, die sie wahrscheinlich eh nicht wählen würden. Dem Bundeskanzler schlägt klarerweise eine besonders starke Abneigung aus der Anhängerschaft der Oppositionsparteien entgegen. Für die Chefs von SPÖ und FPÖ ist das ganz ähnlich."

Daher weisen die Market-Daten nur für den kürzlich wiedergewählten Bundespräsidenten Van der Bellen einen (knapp) positiven Saldo aus. Der schlechteste Saldo (minus 35 Prozent) ergibt sich für den MFG-Obmann Michael Brunner.

Männer bewerten Politikerinnen oft negativ

Was eine genauere Analyse der Daten ebenfalls zeigt: Männer beurteilen Frauen in der Politik tendenziell schlechter, als Frauen das tun – was für Exponentinnen aller Parteien gilt. "Bei Verteidigungsministerin Klaudia Tanner kommt dazu, dass sie als Frau in eine Männerdomäne eingedrungen ist – dafür gibt jeder zweite Mann eine negative Bewertung, auch ältere Befragte äußern sich besonders negativ", analysiert Pfarrhofer.

Bei SPÖ-Chefin Rendi-Wagner ist die Konkurrenz aus dem Burgenland spürbar: Der dortige Landeshauptmann kassiert zwar viele negative Beurteilungen aus der SPÖ-Wählerschaft, dafür kann er auffallend viele Freiheitliche zu einer positiven Bewertung motivieren. Ob dies auch Wählerbewegungen auslösen könnte, kann aus der Umfrage allerdings nicht verlässlich beantwortet werden. (Conrad Seidl, 9.1.2023)