Elektrizität ist das Nervenzentrum der Bahn. Mit ihr steht und fällt der Betrieb.

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Wien – Bei der Finanzierung der Bahn öffnet die Republik weitere Schleusen. Zu den 8,64 Milliarden Euro an Vorbelastungen in den Jahren 2023 bis 2028 für laufenden Bahnbetrieb und Instandhaltung kommen weitere hundert Millionen Euro an "Energiekostenausgleich Schienenverkehr". Das sieht der Bundesvoranschlag 2023 vor.

Welchen Bahnunternehmen diese Stütze zuteilwird, erschließt sich aus dem Voranschlag nicht, es werden laut Angaben des Verkehrsministeriums bevorzugt Güterbahnen sein, die davon profitieren. Die neue Beihilfe, die wohl noch von der EU-Kommission notifiziert werden muss, kommt nicht unerwartet. Denn die enormen Strompreisstei-gerungen haben nicht nur den Schienengüterverkehrsunternehmen im Vorjahr enorm zugesetzt, sondern auch allen Bahnen.

Teurer Bahnstrom

Der angestrebten Verkehrswende ist diese Entwicklung naturgemäß wenig zuträglich, denn steigende Aufwendungen für Traktionsenergie treiben die Preise für Bahnfracht in die Höhe und zehren zugleich an der Rentabilität der Cargobahnen. Der Ruf nach staatlicher Stütze wurde deshalb laut. So gut wie alle privaten Güterbahnen betonen, dass man mit dem Energiekostenzuschuss für Unternehmen, die mehr als drei Prozent ihres Umsatzes für Energie aufwenden, nicht das Auslangen finde.

Für die ÖBB-Güterbahn RCA gilt dies nicht. Sie ist wie alle "staatlichen Einheiten" und Energieproduzenten vom Energiekostenzuschuss ebenso ausgeschlossen wie von dem im Dezember 2022 kreierten Nachfolgemodell. Daher lukrierten daraus weder die ÖBB noch deren Gütertochter RCA rund 30 Millionen Euro an Energiekostenzuschuss.

Steuerbefreiung statt Stromkostenzuschuss

Die Staatsbahn blieb dennoch nicht ohne Staatshilfe. Denn mit der Ökostromreform 2021 bekam selbst produzierter Strom eine Steuerbefreiung und zugekaufter Strom eine Steuersenkung, was Hilfen in etwa der oben genannten Höhe bringt. Dadurch schmolz freilich die Energieabgabenrückvergütung, aus der der ÖBB-Konzern jährlich an die 30 Millionen Euro lukriert hatte.

Abhängig von Leistung

Wie die neue Förderung ausgestaltet wird, war im Verkehrsministerium nicht zu erfahren. Branchenkenner gehen davon aus, dass diese nach Vorbild der Schienengüterverkehrsförderung (Einzelwagen- und Kombi-Verkehr) konzipiert wird, die im Wege der Schieneninfrastrukturgesellschaft Schig gemäß Transportleistung (wurde heuer von 162 auf 173 Millionen Euro erhöht) abgewickelt wird. Damit ist klar: Die ÖBB-Güterbahn RCA darf mit dem Löwenanteil dieser Beihilfe rechnen.

Von 65 auf 187 Euro

Dass Hilfe nottut, gilt als unbestritten. Denn die Tarife für Bahnstrom bewegten sich im Vorjahr in noch nie dagewesenen Höhen: 2023 rechnet der für die Energieversorgung im Bahnnetz zuständige Vorstandsdirektor des ÖBB-Teilkonzerns ÖBB-Infrastruktur, Johann Pluy, mit 187 Euro pro Megawattstunde. Das ist immer noch deutlich über dem Durchschnittspreis von 65 bis 67 Euro pro MWh, die im Jahr 2021 zu zahlen waren.

Da Stromeinkauf langfristig geordert wird, ist Besserung nicht in Sicht. Denn die heuer teuer eingekauften Kapazitäten schlagen sich erst in den kommenden Jahren in den Preisen für die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nieder. Der Grund: Das vielkritisierte Merit-Order-System, bei dem das teuerste Kraftwerk den Großkundenpreis bestimmt, gilt auch für Bahnstrom, den die ÖBB-Infra nur etwa zu einem Drittel selbst produziert. Der Rest wird bei Erzeugern wie der Verbund AG zugekauft.

Düstere Aussichten

Entsprechend düster sind die preislichen Aussichten für die Bahnstromkunden der ÖBB, also den Großteil der rund 70 EVU in Österreich: Für das Jahr 2024 kursieren Richtpreise zwischen 250 und 300 Euro pro MWh, 2025 sind es immer noch mehr als 200 Euro.

"Sorglos-Paket"

Kritik aus der Branche, Neukunden würden von der ÖBB deutlich schlechter gestellt als Bestandskunden, weist Vorstandsdirektor Pluy zurück: Da man den Strom auf drei Jahre im Voraus einkaufe, hätten Kunden mit Dreijahresverträgen logischerweise einen Vorteil gegenüber Neukunden, für deren Bedarf man sich nicht eindecken konnte. "Wir bieten den Eisenbahnunternehmen quasi ein Sorglos-Paket an", betont Pluy. Von zuletzt gesunkenen Strompreisen profitieren EVU bei diesem Durchschnittspreismodell freilich nicht, allerdings bleiben die Ausschläge nach oben niedriger.

Das von der ÖBB favorisierte Modell "cost+fee", auf Basis der realen Produktionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags für den Erzeuger, bleibt wohl noch länger ein Wunschtraum. Denn dafür bräuchte es Einigkeit in der EU, Eisenbahnverkehr ist grenzüberschreitend und braucht Abstimmung. (Luise Ungerboeck, 5.1.2023)