Zwischenzeitlich war der 650 Kilogramm schwere Vogel aus getriebenem Stahlblech nach Oberösterreich ausgeflogen, wo er in einer Schlosserei gereinigt und in monatelanger Arbeit repariert wurde. Nun ist der Adler, eine Skulptur Rudolf Hoflehners, wieder retour – und wird demnächst, wie eh und je, über die Worte und Wahrheiten der hier diskutierenden Abgeordneten wachen.

Neue Glaskuppel: Im gläsernen Umgang lässt sich forthin das parlamentarische Geschehen beobachten.
Foto: Hertha Hurnaus / Parlamentsdirektion

"In räumlicher Hinsicht", sagt der Wiener Architekt András Pálffy, "haben wir alles Mögliche unternommen, um dem Nationalratssaal die ihm innewohnende Aura einer Kampfarena zu nehmen. Wir haben die Steigung der Podeste reduziert, die Farben und Materialien gedämpft und vor allem viel direktes Tageslicht hereingebracht. Ich habe die Hoffnung, dass es uns damit gelungen ist, einen Beitrag zu einer gesitteten Diskussionskultur auf Augenhöhe zu leisten."

Die Abgeordneten kehren zurück

Ab nächster Woche wird man sich vom Erfolg dieses Unterfangens ein Bild machen können. Dann nämlich wird der Nationalrat – nach über fünf Jahren in den interimistischen Redoutensälen der Hofburg – erstmals wieder im Hohen Haus tagen.

Die augenscheinlichsten Veränderungen im streng denkmalgeschützten Ambiente des halbrunden Saals: Medientechnik und Lüftung sind auf dem neuesten Stand, der Lichteintrag kann über die elektrochrome Glaskuppel wie bei einer Hightechsonnenbrille gesteuert werden, bei den Tischen handelt es sich um mobile Elemente, die je nach Mandatsverteilung alle paar Jahre mit wenigen Handgriffen umgesteckt werden können. Durch das flexible Layout und die veränderbare Positionierung der Mittelgänge wird nie wieder eine Grüne neben einem Blauen sitzen müssen.

Operation am Totalschaden

Rückblick: Die Geschichte des Parlamentsumbaus ist mehr als zehn Jahre alt. 2012 wurde ein Wettbewerb für den Umbau des Nationalratssaals ausgeschrieben, den das Linzer Büro Heidl Architekten gewann. Erst danach, große Überraschung, wurde eine Studie über den baulichen Zustand des gesamten Baus präsentiert. Fazit: Sollte der Zustand des Parlaments nicht deutlich verbessert werden, drohe dem Hohen Haus in Bälde die Sperre durch die Baupolizei.

"Das Parlament entspricht heute weder Bauordnung und Brandschutz noch dem Dienstnehmerschutz", sagte damals Ernst Beneder, Vorsitzender der eigens einberufenen Architekturkommission. "Es gibt keinen einzigen Bauteil, der nicht in irgendeiner Art und Weise ertüchtigt oder erneuert werden muss. Dieses Haus gleicht fast einem Totalschaden."

Das alte neue Parlament ist die Summe aus denkmalpflegerischer Restauration und zeitgenössischen Eingriffen.
Fotos: Foto: Hertha Hurnaus / Parlamentsdirektion

Also wurde der erste Wettbewerb für tot erklärt, eine österreichische Spezialität, und ein neues Verfahren ausgerollt. Diesmal ein nicht mehr offener, anonymer Wettbewerb, sondern ein nonymes, zweistufiges "Auswahlverfahren mit wettbewerbsähnlichem Charakter", so die offizielle Bezeichnung. Der Zuschlag fiel zugunsten des im Bereich historischer Sanierung vielfach erprobten und kompetenten Architekturbüros Jabornegg & Pálffy – und das Mammutprojekt, das die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer als "die komplizierteste Baustelle der Republik" bezeichnete, konnte nun endlich seinen Lauf nehmen.

Fünf Millionen Arbeitsstunden

26.000 Tonnen Bauschutt, 2000 Kilometer Elektrokabel und Lichtwellenleiter, 30 Kilometer Lüftungskanäle, insgesamt wurden rund 32.000 Quadratmeter Stuckmarmor und Stuccolustro geputzt, freigelegt und restauriert. Neben der Baugemeinschaft Porr Pittel Brausewetter waren in Summe mehr als hundert Firmen und Handwerksunternehmen an den Arbeiten beteiligt.

Insgesamt waren mehr als hundert Firmen an den Arbeiten beteiligt.
Foto: Hertha Hurnaus / Parlamentsdirektion

Insgesamt, schätzt Architekt András Pálffy, sind rund fünf Millionen Arbeitsstunden in die Sanierung des Parlaments geflossen. Baukosten: 352,2 Millionen Euro, "mit einer Reserve von 20 Prozent, die im November 2020 aktiviert wurde", wie es auf Anfrage aus der Parlamentsdirektion heißt. Hmmm.

"Schon in meiner Jugend hat mich dieses Gebäude fasziniert", erzählt Pálffy. "Dieser griechische Tempel hatte etwas Großes, etwas Weißes, etwas Erhabenes. Und trotzdem: Theophil Hansen war ein Kind der industriellen Revolution, das mit großer Neugierde die technischen Entwicklungen in seine Bauten aufgenommen, jedoch meist unter einer eklektizistischen Hülle verborgen hat. In gewisser Weise steht das Parlament – so gesehen – an der Schwelle zur Moderne."

Die aktuelle Sanierung folgt dieser Kultur der zelebrierten Gratwanderung zwischen technischer Innovation und repräsentativer Verhüllung. Sowohl die historischen Räume als auch die Nachkriegseinbauten von Max Fellerer und Eugen Wörle wurden – während der Nationalratssaal zwischenzeitlich dem römischen Kolosseum glich – durchnummeriert, demontiert und in einer eigens eingerichteten Werkstatt unter dem Bundesratssaal mit Samthandschuhen repariert. Eine Freude, dass sogar die alten Telefonzellen und Besprechungskammern im Abgeordnetenbereich in ihrem Fifties-Charme erhalten geblieben sind.

Hallo im Demokratikum

Die neuen Zubauten nehmen sich mit Beton, Zementputz und archaisch anmutenden Tragkonstruktionen aus Stahl brutal neu, aber formal und materiell auf gediegene Weise zurück. Vier neue Stiegenhäuser erleichtern die Erschließung. Zudem wurde unter der Säulenhalle – wo sich früher ein Infrastrukturgeschoß mit Tischlerei, Wäscherei und sogar einer eigenen Parlamentspoststelle befand – unter dem Titel "Demokratikum" (Wortkreation Sobotka) ein neues Besucherzentrum mit Ausstellungsräumen, Bookshop und Café eingerichtet.

Unter der Säulenhalle wurde ein neues Besucherzentrum eingerichtet.
Foto: Hertha Hurnaus / Parlamentsdirektion

Besucher, Touristinnen und Schulklassen werden in Zukunft die Möglichkeit haben, sich mehr oder weniger frei durchs Haus bewegen zu können – in Parallelwelten zwar, aber in stets räumlicher und visueller Nähe zum parlamentarischen Tagesbetrieb. Im neuen Restaurant auf dem Dach werden sich Volk und Politik begegnen können.

"Die Anforderungen an ein Parlamentsgebäude haben sich massiv gewandelt, das Hohe Haus wird zunehmend transparenter und für eine breitere Öffentlichkeit zugänglicher", sagt der Architekt. An dieser Transparenz hätten sich auch Kunstkurator Hans-Peter Wipplinger und "Architekt Wolfgang Sobotka" (O-Ton mehrerer Projektbeteiligter), der sich in die Gestaltung zum Teil recht offensiv eingebracht hat und das Parlament auf prozessualer und symbolischer Ebene ziemlich vergeigt und verflügelt hat, ein Beispiel nehmen können.

Doch das hält die Architektur schon aus. Sie ist stark, wie dereinst Hansen, Fellerer und Wörle stark waren. Sie ist dazu gemacht, Raum für Debatten und Uneinigkeit zu bieten. (Wojciech Czaja, 6.1.2023)