Nicht überall, wo Nintendo draufsteht, ist auch ein Erfolg drin. Wünschenswert für eine Super Switch wäre es aber allemal.

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Es ist unumstritten, dass Nintendo mit der Switch-Konsole einen gigantischen Erfolg eingefahren hat. Nach bald sechs Jahren hat die Hardware aber ihre besten Tage längst hinter sich und zeigt immer häufiger Alterserscheinungen, die sich nur schwer von der Software kaschieren lassen.

Lauter werdende Rufe nach einem Pro-Modell konnten mit einer OLED-Revision nicht wirklich gedämpft werden. Und ein Nachfolger? Der ist vor 2024 realistisch betrachtet nicht in Sicht. Das hat mehrere Gründe, aber ein nicht unwesentlicher dürfte Nintendos Respekt vor dem Scheitern sein.

Nintendos "Hit-and-Miss"-Tradition

Es mag lächerlich klingen, einen Konzern wie Nintendo – gerade nach der Switch – mit Scheitern in Verbindung zu bringen. Aber zwischen die Erfolgsgeschichten eines Nintendo Entertainment System (1983), Game Boy (1989), Nintendo DS (2004) oder sogar einer Wii (2006) haben sich tatsächlich auch einige Flops eingeschlichen.

Nach dem legendären Super Nintendo, das Anfang der 1990er-Jahre die 16-Bit-Ära dominierte, kann man sich noch darüber streiten, ob das N64 (1996) mit knapp 33 Millionen verkauften Einheiten schon ein Flop war oder noch nicht. Der kurz zuvor erschienene Virtual Boy (1995) mit weniger als einer Million verkauften Stück war jedenfalls definitiv der Beginn dunkler Flecken in der Timeline.

Auch der Game Cube (2001) und besonders die Wii U (2012) sind – ungeachtet spielerischer Innovation und entsprechender Highlights – durchaus als Betonklötze auf den Verkaufsregalen in die Geschichte Nintendos eingegangen. Folgt man dabei den Erscheinungsdaten der Konsolen, kann man feststellen, dass auf große Erfolge oft genau solche Hardware-Entgleisungen folgten. Und nach der Switch wäre es eigentlich wieder so weit.

Es ist also aus Sicht von Nintendo durchaus verständlich, den Nachfolger der Switch möglichst lange hinauszuzögern: Erstens bringt die alte Switch-Konsole samt ihres Ökosystems immer noch gutes Geld ein. Zweitens minimiert man mit möglichst viel Entwicklungszeit das Risiko, eben nicht wieder einen leidenschaftlichen Bauchfleck hinzulegen, und kann der Konsolen-Tradition des Konzerns trotzen.

Super muss sie sein!

Den Nachfolger der Erfolgskonsole Switch 2 zu nennen, mutet ein wenig einfallslos an. Auch Switch Pro wäre falsch, diesen Anspruch hat die OLED-Revision schon verpasst. Lässt man sich auf das Gedankenspiel ein, dass es einmal eine Zeit gab, in der Nintendo Produkte gerne mit der zusätzlichen Bezeichnung "Super" bedachte, könnte man sich durchaus mit der Bezeichnung Super Switch anfreunden. Es hätte jedenfalls deutlich weniger schlechtes Karma als Switch U oder Virtual Switch.

Aber wie soll die Hardware einer Super Switch aussehen? Man kann durchaus davon ausgehen, dass Nintendo das hybride Konzept beibehalten wird, also die Konsole sowohl tragbar als auch stationär genutzt werden kann. Eine Beschränkung auf eine der beiden Möglichkeiten kann zu diesem Zeitpunkt auch nur noch als Rückschritt empfunden werden. Und das Wildern in Gefilden der Virtual Reality würde wieder Erinnerungen wecken an, richtig: die größte Gurke des Unternehmens, den Virtual Boy.

Das hybride Konzept der Switch gilt auch für den Nachfolger als gesetzt.
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Auch das Herzstück der Super Switch könnte schon feststehen. Letzten Gerüchten zufolge handelt es sich dabei wieder um einen Tegra-SoC von Nvidia. Ob der T239-Chip leistungsstark genug ist, darf an dieser Stelle allerdings noch bezweifelt werden. Mit einer kolportierten GPU-Leistung von rund 4 Teraflops wäre die Super Switch zwar ungefähr auf Augenhöhe mit einer Playstation 4 Pro oder einer Xbox Series S. Für einen Handheld wäre das eine beachtliche Leistung, immerhin kommt selbst Valves Steam Deck nur auf 1,6 Teraflops.

Dennoch: Je später der Release hinausgezögert wird, umso schneller kommt Nintendo wieder in die Situation, in der sich das Unternehmen jetzt wieder mit der Switch befindet. Lassen sich Spiele, die auch auf anderen Konsolen erscheinen, nicht (mehr) für eine neue Switch portieren, wird ein anhaltender Erfolg sehr unwahrscheinlich. Gerade auch die Switch konnte anfangs mit Portierungen für Aufsehen sorgen, die eigentlich undenkbar waren.

Sich erneut für Nvidia zu entscheiden, könnte aber einen grundlegenden Vorteil mit sich bringen: Der neue Tegra-Chip soll nicht nur Raytracing-Funktionen unterstützen, was in Anbetracht des enormen Leistungsaufwands bei 4 Teraflops ohnehin eher zu vernachlässigen wäre. Es ist insbesondere das KI-gestützte Upsampling DLSS, mit dem man den Lebenszyklus einer in Zukunft schwächelnden Hardware entscheidend verlängern könnte. In diesem Licht würde also selbst ein T239 noch durchaus Sinn machen. Nintendo ist ja ohnehin nicht bekannt dafür, Highend-Hardware in seinen Geräten zu verbauen.

Zuerst kommt Zelda

Und wann ist es jetzt endlich so weit? Wie schon angedeutet, ist mit einem Release der Super Switch nicht vor 2024 zu rechnen. Das mag einerseits am erwähnten Respekt Nintendos vor dem nächsten Scheitern liegen und auch durchaus auch an der Verfügbarkeit der Bauteile einer Chipbranche, deren Lager sich erst langsam wieder füllen.

Nicht zuletzt liegt es aber auch daran, dass Nintendo im Mai einen neuen Zelda-Titel veröffentlicht. Und mit ihm gerüchteweise auch wieder eine Sonderedition der Switch OLED. Es wäre also sehr unwahrscheinlich, wenn in der folgenden Wintersaison eine komplett neue Konsole erscheinen würde. Das würde in dieser Konstellation vermutlich einen Shitstorm nach sich ziehen, den sich nicht einmal Nintendo erlauben kann.

Nintendo DE

Bleibt nur zu hoffen, dass die alte Switch das neue Zelda noch würdig schultern kann. Falls nicht, sollte man sich besser zurücklehnen und warten können: Denn so schlecht eine Rückwärtskompatibilität in Nintendos Geschäftsmodell des ständigen Aufwärmens alter Titel reinpasst – auch sie dürfte diesmal eine Voraussetzung für den Erfolg einer neuen Konsole sein. (Benjamin Brandtner, 8.1.2023)