Der Wirecard-Wirtschaftsprüfer EY, zu sehen die Niederlassung in Madrid, will nach einer Aufspaltung das lukrativere Beratungsgeschäft an die Börse bringen.

Foto: APA/AFP/GABRIEL BOUYS

Die Wirtschaftsprüfer der Beratungsgesellschaft EY bekommen offenbar die Folgen des Wirecard-Bilanzskandals zu spüren. Nach dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters im Jahr 2020 konnte EY, die dessen frisierte Bilanzen geprüft hatte, kein neues Mandat als Wirtschaftsprüfer eines Dax-Konzerns an Land ziehen. Vielmehr soll sich der Marktanteil von EY im deutschen Leitindex laut einem Bericht des Handelsblatts von 30 Prozent im Vorjahr bis 2024 auf 20 Prozent verringern.

Bis zum Zusammenbruch des Kartenhauses Wirecard war EY ein aufstrebender Mitbewerber, der das Geschäft mit Dax-Konzernen ausgebaut hatte. Allerdings dürfte die Vergangenheit als Wirecard-Prüfer die Gesellschaft, die stets alle Anschuldigungen in dem Zusammenhang zurückgewiesen hat, nun einholen. "Der Imageschaden für EY ist deutlich. Viele Aufsichtsräte scheuen ein Engagement der Gesellschaft, weil sie mit dem Thema Wirecard belastet ist", sagt Jörg Hossenfelder, Geschäftsführer des deutschen Marktforschers Lünendonk & Hossenfelder.

Wechsel des Prüfers

Im Jahr 2016 wurde eine Rotationspflicht der Prüfungsgesellschaften eingeführt, sodass nunmehr börsennotierte Unternehmen spätestens alle zehn Jahre den Anbieter wechseln müssen. EY wird künftig nur noch acht statt zuvor zwölf der insgesamt 40 Dax-Konzerne prüfen. So gab etwa Siemens nach 14 Jahren mit EY bekannt, dass ab dem Geschäftsjahr 2023/24 PwC die Bilanzen des Konzerns unter die Lupe nehmen wird. Damit bleibt PwC mit künftig 40 Prozent Anteil Marktführer im Dax. Gewinner der sogenannten Big Four ist Deloitte, dessen Marktanteil auf 20 Prozent anschwellen wird, knapp dahinter liegt KPMG.

Für die Zukunft will sich EY neu aufstellen und die Wirtschaftsprüfer vom ertragreicheren Beratungsgeschäft abspalten. Offiziell nicht wegen Wirecard, sondern wegen regulatorischer Entwicklungen. Das britische Financial Reporting Council hat die Big Four aufgefordert, das Prüfungs- vom Beratungsgeschäft zu trennen, um Interessenskonflikte zu vermeiden. EY, wo zuletzt ein knappes Drittel des Gesamtumsatzes von 45,4 Milliarden US-Dollar mit Wirtschaftsprüfungen erzielt wurde, will als erste – und bisher einzige – der vier Gesellschaften diesen Weg einschlagen.

Aufspaltung bis November

Doch die Pläne verzögern sich, die Gesellschaft peilt nun – die Zustimmung der Partner vorausgesetzt – eine Umsetzung bis November an. Zumal innerhalb von EY ein frischer Wind wehen soll: "Nach dem Fall Wirecard war die Stimmung unter EY-Mitarbeitenden sicher auf dem Gefrierpunkt. Das hat sich aber klar verbessert", sagt Daniel Nerlich, Partner bei der Personalberatung Odgers Berndtson.

Bei einer Abspaltung winkt Führungspersonen dem Handelsblatt zufolge ein Geldregen, der von einem raschen Börsengang der Beratungsgesellschaft gespeist werden soll. EY-Partner der Prüfsparte könnten Barzahlungen erhalten. Allerdings schlummern gerade in Deutschland noch Risiken: Demnächst will die Prüferaufsicht Apas über eine mögliche Strafe im Zusammenhang mit Wirecard entscheiden. Zudem drohen wegen des laufenden Prozesses gegen Wirecard-Ex-Chef Markus Braun stets negative Schlagzeilen für EY. (aha, 10.1.2023)