Vor wenigen Wochen waren sie nicht mehr als ein paar rote Stoppeln. Doch seit der abtrünnige Prinz ausgepackt hat, dürfte die Öffentlichkeit um die Relevanz seines Barthaars wissen. Der Bart stehe für den "neuen Harry", offenbarte der blaublütige Brite in seinem Buch.

Irgendwie will man das emotionale Bekenntnis des kleinen Prinzen ja verstehen. Seit einem Jahrzehnt hält er unbeirrbar an seinen Stoppeln fest, seine Meghan lernte ihn 2016 nicht als rasierten Rotschopf, sondern als bärtigen Mann kennen. Im Familienkreis wurde Harrys Vollbart mit der Zeit zum Alleinstellungsmerkmal. Kein Wunder, dass der 38-Jährige nicht zur Glattrasur zurück will.

Prinz Harry packt in seinem Buch "Reserve" (engl. "Spare") aus – auch für seine Bartstoppeln ist auf den knapp 500 Seiten Platz.
Foto: Penguin

Damit stellt er eine Ausnahme dar: Bis auf einige Ausreißer mussten sich die männlichen Royals in den vergangenen Jahrzehnten rasieren, zumindest angehende Thronfolger. Charles' verwegene Bartphase in den Siebzigerjahren ist längst vergessen, Prinz William trat zuletzt 2008 mit einem Vollbart vor die Kamera.

Außerhalb der royalen Bubble wäre Harrys Bart eher nicht erwähnenswert gewesen. Ging der Prinz nicht einfach mit dem Zeitgeist? Wir erinnern uns: Die Zehnerjahre waren die Hochzeit der bärtigen, weißen Holzfällertypen, die in Barbershops die Selfcare für sich entdeckten und mit Wachs, Öl und Bartschneidegeräten ihr Gesichtshaar in Form brachten.

Auch der 38-jährige Blaublüter, das beweisen die getrimmten Härchen auf dem Titel seines Buches, ist alles andere als der zottelige Rebell aus dem Buckingham-Palast. Der Prinz ist ein Mann seiner Zeit, der zwar wie der junge Clint Eastwood posiert, aber darüber nicht die Bartpflege vernachlässigt.

Lange her, zweimal glatt rasiert: Prinz Harry und Prinz William nach der Hochzeit von Charles und Camilla im Frühjahr 2005.
Foto: AP Photo/Dave Caulkin, File

Dabei wurde Harry von seiner Familie wahrlich auf die Probe gestellt. Anlass war die eigene Hochzeit. Um ein Haar hätte der kleine Prinz sich nämlich für die Feier im Jahr 2018 rasieren müssen. Schuld sei, nein, nicht die Queen, sondern der große Bruder (natürlich!). Während die Oma den Bart bereits höchstpersönlich genehmigt hatte, habe William 2018 verhindern wollen, dass Harry unrasiert zum Altar tritt. Der Grund: Harry heiratete in Armeeuniform, Bärte seien in der britischen Armee verboten gewesen, so der böse Bruder.

Und er heiratete doch mit Bart! Harry und Meghan im Jahr 2018.
Foto: Ben Birchhall/pool photo via AP, file

Wer "Spare" gelesen oder die Interviews gesehen hat, mag es kaum glauben, weiß es aber längst. Eine Woche lang stritten die Brüder um den Bart, die Hochzeitsfotos aber beweisen: Harry setzte sich durch. Als das erste Mitglied der königlichen Familie seit 125 Jahren heiratete er mit Bart. George V. war der Letzte, der sich das getraut hatte.

Nun könnte man meinen, der haarige Prinzenzwist habe sich mittlerweile erledigt. Der Vollbart ist im Jahr 2023 ein Abziehbild seiner selbst, wer will da noch an alten Zöpfen festhalten?

Die Internetgemeinde sieht das offenbar anders. Auf Tiktok kursierte vor einigen Monaten ein Video von Prinz William mit einem Fake-Bart. Die Kommentare: Wäre er bärtig nicht attraktiver? Bis jetzt blieb William unbeeindruckt. Doch wer weiß, auf welche Ideen Harrys Bartbeichte den künftigen König noch bringt. (Anne Feldkamp, 11.1.2023)