Franz Streitberger (Simon Morzé) gerät eher unfreiwillig an die vorderste Front – ein Fuchs wird ihm dort zum Totemtier.

Foto: Alamonde

Drei Kreuze oder manchmal auch nur eines, das war lange Zeit die Unterschrift derer, die nicht lesen und schreiben konnten. Das Kreuz ist so etwas wie der einfachste Buchstabe, der Nenner, auf den man vieles bringen kann. Und so hört man es ja auch heute noch gelegentlich, wenn jemand stöhnt: Das Leben ist ein Kreuz.

In Adrian Goigingers Film Der Fuchs wird das Leben eines Pinzgauer Buben im Jahr 1927 mit einem Kreuz durcheinandergebracht: Franz Streitberger wird von seinem Vater Joseph (Karl Markovics), einem illiteraten Bergbauern, an den reicheren Seiwald (Cornelius Obonya) überschrieben. Als Ziehsohn, vor allem aber als Knecht soll der schwächliche Junge auf einem Hof aufwachsen, auf dem es mehr zu essen gibt. Für den Franz aber bedeutet dieser Beschluss eine Vertreibung, eine Entwurzelung, von der er sich nie wieder ganz erholen wird.

Unvollendeter Brief

Viele Jahre später, da ist er schon Soldat und fährt mit der deutschen Wehrmacht quer durch Europa, schreibt er zwischendurch immer wieder an einem Brief an den Vater, einem langen Text, den er nie fertigstellt und der dann doch auf unerwartete Weise sein Ziel erreicht – in einer großen, auch durchaus pathetischen Pointe in einer Geschichte, die in viele Richtungen strebt.

Alamode Film

Denn Der Fuchs beginnt in der Tradition des kritischen Heimatfilms, aus dem Franz könnte auch eine Figur wie in Franz Innerhofers Schöne Tage werden. Doch dazwischen steht noch der Zweite Weltkrieg als historisches Großereignis, von dem auch ein junger Pinzgauer erfasst wird, und so findet sich Franz Streitberger (Simon Morzé, davor zum Beispiel in Der Trafikant zu sehen), nachdem er sich noch zur österreichischen Armee gemeldet hatte, irgendwann als Wehrmachtskraftahrer an einem Strand in Frankreich wieder. Und weiß gar nicht so richtig, wie ihm geschieht.

Ein kleiner Fuchs, den er unterwegs im Wald gefunden und zutraulich gemacht hat, wird für Franz zu einem Totemtier, das seinen Außenseiterstatus bestärkt. Goiginger lässt am Ende mit einem dokumentarischen Bild und einer Tonaufnahme erkennen, dass er sich von persönlichen Bezügen zu dieser Geschichte inspirieren ließ.

Viele Vorbilder

Er zielt damit aber hoch: Der Fuchs steht mit einem Bein in der Linie großer, latent surrealer Kriegsodysseen wie The Painted Bird (Roman von Jerzy Kosiński, 2019 von Václav Marhoul verfilmt) oder JoJo Rabbit und streckt sogar den einen oder anderen Fühler in Richtung eines ambitionierten Kriegskinos von Steven Spielberg (Der Soldat James Ryan) oder Sam Mendes (1917) aus.

Das sind dann allerdings nur Pinselstriche, da geht schon allein aus Budgetgründen nicht mehr. Und zu sich kommt Der Fuchs schließlich ohnehin eher im intimen Format, in einem bewegenden Moment, in dem Kreuzzeichen in Schriftzeichen überführt werden. (Bert Rebhandl, 11.1.2023)