John Lydon alias Johnny Rotten möchte mit seiner Band PiL für Irland am heurigen Song Contest teilnehmen.

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Naheliegend ist sein Ansinnen nicht, aber John Lydon ist ein Mann der Widersprüche. So richtet sich seine Renitenz gewissermaßen gegen sich selbst. John Lydon ist besser bekannt als Johnny Rotten – und will heuer für Irland beim Song Contest antreten.

Als Johnny Rotten war der Sohn irischer Einwanderer in den 1970er-Jahren Sänger der Punkband The Sex Pistols. Ein galliger Bürgerschreck mit irrem Blick, der sich in Songs wie Anarchy in the UK als Antichrist bezeichnete – und von vielen so wahrgenommen wurde.

Der lange schon in den USA lebende Musiker will mit seiner Band Public Image Limited (PiL) antreten, mit dem Lied Hawaii. Das ist ein Liebeslied an seine Frau Nora Forster, mit der er fast 50 Jahre zusammenlebt. Forster ist Deutsche und die Tochter des deutschen Medienmachers Franz Karl Maier, der Verleger und Herausgeber des deutschen Tagesspiegel war.

Liebeserklärung

Hawaii ist eine Liebeserklärung Lydons an seine an Alzheimer erkrankte Frau. Es erinnert an einen gemeinsamen Urlaub auf der Pazifikinsel und fleht darum, Forsters Erinnerung daran möge nicht versiegen. Derlei Zärtlichkeiten sind im Lebenswerk Lydons rar.

Ein Liebeslied für seine kranke Frau: "Hawaii."
Public Image Ltd - Topic

Aufgewachsen ist der am 31. Jänner 1956 in London geborene Musiker in bitterer Armut. In seiner 2015 erschienenen Autobiografie Anger is an Energy beschreibt er, wie er eine Fehlgeburt seiner Mutter am Gangklo entsorgen musste oder wie er seinen toten Großvater identifizieren musste, der beim Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten über eine Treppe gestürzt war und starb. Mit sechs Jahren erkrankte er an Meningitis. Infiziert hatte er sich beim Spielen, am Urin von Ratten; mehrere Monate lag er im Koma.

Rotten wie seine Zähne

Punk wurde später seine Chance, er hat sie genutzt. Der Name "Rotten" – verfault – soll ihm verliehen worden sein, als die Mutter des Pistols-Gitarristen Steve Jones seine Zähne gesehen hat.

Mit den Sex Pistols wurde er weltberühmt, PiL gilt als bedeutende Post-Punk-Band. Der Wohlstand seiner Frau erlaubte ihm später lange künstlerische Pausen, in denen er zum Zeitvertreib an Reality-Formaten teilnahm oder für Butter warb. Punk sei, alles zu tun, was man von ihm nicht erwarte, hat er einmal gesagt.

Er unterstützte Barack Obama, später wählte er Trump. Der Queen unterstellte er in den 1970ern Faschismus, als sie im Vorjahr starb, wollte er sie immer geachtet haben. Nun versucht er sich also am Song Contest. Am 3. Februar wird in einer TV-Show entschieden, wer heuer für Irland antreten wird. (Karl Fluch, 10.1.2023)