Maurice Beurskens ist seit drei Jahren bei Gurkerl.at und hat das Österreich-Geschäft aufgebaut. Jetzt wird das Management von Österreich abgezogen und der Markt von Deutschland aus mitbetreut. Beurskens scheidet aus dem Unternehmen aus.

Foto: HO / Philipp Lipiarski

Wien – Der Onlinelieferdienst Gurkerl.at betreibt in Wien ein Lager und beliefert die Regionen Wien und Umgebung. Hinter Gurkerl.at steht die tschechische Rohlik-Gruppe, die nun im Unternehmen kräftig umrührt.

So werden die Managementteams von Gurkerl und der Deutschland-Tochter Knuspr zusammengeführt. Die Nutzung von Synergien, Arbeitsplatzsicherung und Automatisierung werden dafür als Gründe genannt. Folgen hat das für den bisherigen Österreich-Chef Maurice Beurskens, der seit der Gründung vor drei Jahren an Bord war. Er soll nicht weiter in der Managementebene tätig sein. Das berichten die Plattformen "Brutkasten.com" und "Trending Topics". Auf Nachfrage des STANDARD bestätigt Beurskens seinen Abgang. Mit Ende Februar scheidet er aus dem Unternehmen aus. Überraschend sei das für ihn nicht gekommen, die Fusion sei lange vorbereitet worden.

Alter Name, neuer Chef

Ein länderübergreifendes Führungsteam unter der Leitung von Erich Comor, bislang CEO von Knuspr, übernimmt die Managementtätigkeiten der Tochterunternehmen. Knuspr und Gurkerl werden weiter unter ihren Namen agieren. "Bei der Zusammenführung geht es vor allem um die Steigerung der Effizienz", sagt Beurskens. Das Lager in München sei bereits voll automatisiert, die Lager in Frankfurt und Wien folgen nun.

Immer wieder kam Gurkerl.at auch in die Debatte wegen schlechter Arbeitsbedingungen, die vor allem im Lager herrschen sollen. Vor dem Jahreswechsel betonte Beurskens noch, dass es eine lange Liste an Fahrern gebe, die gerne für Gurkerl.at arbeiten würde, aber an der dafür notwendigen Aufstockung von Mitarbeitern im Lager hapere es. Rund 100 Mitarbeiter im Lager wurden vor dem Jahreswechsel gesucht. "Wir finden aber keine", sagte Beurskens Mitte Dezember zum STANDARD. Der Arbeitsmarkt gebe sie einfach nicht her.

Mitarbeiter klagen über Arbeitsbedingungen

"Kein Wunder", sagt ein Arbeitnehmer, der noch für Gurkerl aktiv ist, als Reaktion auf den damaligen Aufruf und den Bericht darüber. Denn der Ton, der beim Lieferdienst herrsche, sei rau. Wer im Lager im Kältebereich arbeitet, hat jede Stunde eine Aufwärmpause von zehn Minuten. Dafür müssen die Mitarbeiter freilich den Ort wechseln. Um das Lager zu verlassen, muss ein Chip verwendet werden. "Damit werden wir aber genau getrackt", sagt ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, zum STANDARD. Man werde damit ausgestempelt und müsse nach der Pause wieder einstempeln. Die Pause würde damit – ebenso wie Toilettenpausen – von der Arbeitszeit abgezogen. Damit entstünde sofort eine Minuszeit. "So werden die Mitarbeiter kontrolliert", wurde dem STANDARD zugetragen.

Man müsse "arbeiten wie eine Maschine", wer die Leistung nicht erbringe, müsse gehen. Mitarbeiter würden ohne Vorwarnung ins Büro gerufen und gekündigt, heißt es. Seit Herbst habe sich die Lage deutlich verschlechtert, heißt es.

Kein System zur Mitarbeiterüberwachung

Auf die Vorwürfe angesprochen, sagt der Noch-Österreich-Chef Beurskens, dass er diese nicht verstehe. Ein Mitarbeiterüberwachungssystem gebe es nicht. Klar sei aber, dass die Mitarbeiter ihre Leistung bringen müssen, und das werde mit ihnen auch besprochen. Es gebe definierte Ziele, wer diese erreiche, bekomme einen Bonus. Beurskens bestätigt aber, dass es im Lager zu häufigerem Personalwechsel komme, vor allem für Tätigkeiten im Kältebereich. Vielen Mitarbeitern sei es auf Dauer einfach zu kalt. Dass Mitarbeiter von jetzt auf gleich gekündigt werden, sei Beurskens nicht bekannt. Passen Ziele nicht, würde man mit den betreffenden Personen aber freilich reden.

Bei Arbeitnehmer-Interessensvertretern häuften sich zuletzt jedoch Anfragen. Neben Berichten über chaotische Zustände bei Gurkerl.at gehe es oft auch um Fehler bei der Abrechnung – etwa nach längeren Krankenständen. Nach Rücksprache mit Gurkerl.at würden fehlende Zahlungen jedoch umgehend ausgeglichen, heißt es. (Bettina Pfluger, 12.1.2023)