US-Präsident Biden mit Dokumenten. Derzeit hat er jeden Zugang, zwischen 2017 und 2020 aber hätte er alle Papiere abgeben müssen.

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Unverhofft kommt oft. Gerade haben die Republikaner sich von der desaströsen Wahl ihres Speakers im Repräsentantenhaus erholt, da fliegt ihnen ein schönes Geschenk zu. Es hat die Form eines Skandals in der US-Regierung, der zuerst den Eindruck einer eher vernachlässigbaren Angelegenheit machte, sich nun aber auswächst. Gleich an mehreren Orten, die US-Präsident Joe Biden zugeordnet werden, wurden eigentlich geheime Dokumente gefunden. Er soll sie nach Ende seiner Amtszeit als Vizepräsident 2017 nicht retourniert haben.

Das wäre vielleicht nicht so schlimm, hätten die Demokraten nicht die letzten Monate damit verbracht, Ex-Präsident Donald Trump wegen einer ähnlichen Sache die Hölle heißzumachen. Ja: Die Fälle unterscheiden sich in vielen Details – vor allem darin, dass Trump die Dokumente mutmaßlich vor Fahndern versteckte, während Bidens Team sich selbst meldete. Trotzdem, es riecht nach Doppelmoral.

Und genau das wird auch hängen bleiben, obwohl es offenkundig nicht stimmt. Die US-Medien beweisen in der Causa, dass sie breit und durchaus aufgeregt auch über Skandale in der demokratischen Regierung berichten. Dazu kommt die Rolle des Justizministeriums: Minister Merrick Garland hat die Ermittlungen an einen der republikanischen Staatsanwälte übergeben, die noch Trump eingesetzt hat. Zudem überlegt er wohl die Einsetzung eines Sonderermittlers. Das mögen schlechte Nachrichten für Biden sein, für den Rechtsstaat sind sie gut. (Manuel Escher, 12.1.2023)