Die Ministerinnen Alma Zadić (links) und Karoline Edtstadler am Donnerstag bei dem Pressetermin im Kanzleramt.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Die Regierung hat ihr Paket zur Bekämpfung von Korruption in der Politik präsentiert. Dadurch sollen künftig der Kauf eines Mandats und sogenannte "Vorabkorruption" strafbar werden sowie Korruptionsverurteilungen früher zu einem Amtsverlust führen. Es ist die sogenannte "Lex Ibiza" – in Anlehnung an das auf der Insel aufgezeichnete Video, in dem zu sehen ist, wie der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf eine falsche Oligarchennichte hereinfällt. Die nun paktierte Reform ist schon länger fällig, am Donnerstag wurde sie von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vorgestellt.

"Engagierter Schritt"

Experten begrüßen in ersten Reaktionen das Vorhaben. "Es ist sicher ein engagierter Schritt in die richtige Richtung", findet Martin Kreutner vom Antikorruptions-Volksbegehren, der auch die angekündigte lange Begutachtungsphase positiv sieht. Allerdings sei viel Druck nötig gewesen, um zu einem Ergebnis zu gelangen. "Zwei Hauptforderungen des Volksbegehrens sind erfüllt", sagt der Verfassungsjurist Heinz Mayer. Die Gespräche im Ibiza-Video wären nach neuer Rechtslage strafbar, ist er überzeugt. Auch Standesvertretungen wie die Staatsanwältevereinigung äußerten sich positiv, wollten für eine genauere Kommentierung aber noch den Gesetzesentwurf abwarten.

Die Opposition betont hingegen Mängel und offene Punkte. Die SPÖ drängt auf die Umsetzung einer Bundesstaatsanwaltschaft und des Informationsfreiheitsgesetzes. Auch Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper sagt: "Ein Sechzehntelziegelstein macht noch keine Mauer." Die Freiheitlichen sind der Ansicht, die geplanten Verschärfungen würden vor allem die ÖVP "mit voller Härte" treffen.

Ein Überblick, welche Änderungen konkret geplant sind:

1. Mandatskauf

Bisher war der Kauf oder Verkauf eines politischen Mandats nicht vom Strafrecht erfasst. Das soll sich ändern. Künftig ist es strafbar, wenn ein Kandidat wegen einer Zuwendung auf einen günstigen Listenplatz gesetzt wird. Ein fiktives Beispiel dazu: Eine Oligarchin wendet sich an einen Parteichef und übergibt ihm Bargeld, damit ihr Wunschkandidat einen guten Listenplatz bekommt, um in den Nationalrat einzuziehen. Strafbar machen sich in diesem Fall die Oligarchin sowie der Parteichef.

Auch der betroffene Wunschkandidat selbst kann belangt werden, sofern er von der Zuwendung weiß und davon finanziell profitiert. Wenn der Vorteil "nur" der Partei zukommt, ist jene Person strafbar, die für die Listenerstellung verantwortlich ist.

Das alles wird allerdings nur dann schlagend, wenn das entsprechende Mandat auch angetreten wird – also im beispielhaften Fall: Der Wunschkandidat der Oligarchin zieht auch wirklich ins Parlament ein. Die Regelung gilt für Nationalratswahlen, EU- sowie Landtagswahlen, nicht aber für Gemeinderatswahlen. Ministerin Zadić erklärte bei der Pressekonferenz am Donnerstag, dass es somit "endlich" strafbar sei, wenn Reiche über Parteiverantwortliche auf das österreichische Parlament Einfluss nehmen wollen.

Einen solchen Verdacht gab es in der jüngeren Vergangenheit. Ein früherer FPÖ-Mandatar soll nach Spenden aus dem Ausland nach vorn gereiht worden sein und dadurch tatsächlich einen Sitz im Nationalrat bekommen haben. Strafbar war das allerdings nicht, weshalb die strafrechtlichen Ermittlungen kürzlich eingestellt wurden.

2. "Vorabkorruption"

Sofort strafbar machen sich Kandidatinnen und Kandidaten, die einen Vorteil – also im Normalfall Geld – annehmen und jemandem dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Ein fiktives Beispiel: Jemand möchte Minister oder Kanzler werden. Eine Unternehmerin lässt ihm einen Geldkoffer zukommen. Als Gegenleistung verspricht der Politiker der Unternehmerin, er werde ihr Staatsaufträge zuschanzen, sobald er das notwendige Amt dafür innehat. Künftig soll das strafbar werden, insofern sich der betroffene Politiker im Wahlkampf befindet – und sich das Amt somit zumindest in Reichweite befindet.

Es reicht auch, wenn sich ein Kandidat oder eine Kandidatin einen illegalen Vorteil nur versprechen lässt. Es ist also egal, ob das einschlägige Geschäft tatsächlich durchgeführt wurde oder nicht. Strafbar ist der oder die Betroffene in diesem Fall aber erst, sobald er oder sie das Amt antritt. Justizministerin Alma Zadić sprach im Zusammenhang mit solchen Fällen von "Vorabkorruption".

Die Regelung umfasst übrigens alle Personen, die sich in einem Wahlkampf befinden – egal auf welcher Ebene: Nationalrats- und Landtagsabgeordnete sind genauso umfasst wie Gemeinderäte. Darüber hinaus sind auch Beamtinnen und Beamte von der Neuregelung betroffen, insofern sie sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren stellen müssen. Das wären etwa Generalsekretäre oder auch Sektionschefinnen.

3. Früherer Amtsverlust

Derzeit ist es so: Jemand verliert sein Amt, wenn über ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder eine nicht bedingte Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten verhängt wird. Bei Korruptionsdelikten soll in Zukunft bereits eine rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von über sechs Monaten einen Amtsverlust zur Folge haben. Dafür werde der Verfassungsgerichtshof den Verlust der Wählbarkeit feststellen. Ein Verlust der Wählbarkeit würde dann auch dazu führen, dass jemand keiner Regierung mehr angehören kann.

4. Höhere Strafen

Ein neuer Strafrahmen wird bei Korruptionsdelikten ab einer Bestechungssumme von 300.000 Euro eingeführt. Dabei geht es etwa um Bestechung und Bestechlichkeit. Bei diesen beiden Delikten soll die Höchststrafe dann bei 15 Jahren Haft liegen.

5. Vereine

Auch Vereine sollen strengere Regeln bekommen – damit Umgehungen des Gesetzes verhindert werden. Ein fiktives Beispiel: Der Mann einer Bürgermeisterin leitet den Verein "Freunde des Ortsmuseums". Ein großes Unternehmen möchte eine Liegenschaft von der Gemeinde kaufen. Das Unternehmen spendet nun an den Verein des Bürgermeisterinnen-Gatten, um sich so das Wohlwollen der Ortschefin zu sichern.

Bisher waren ähnlich gelagerte Fälle nur dann strafbar, wenn der Politiker oder die Politikerin selbst in dem Verein tonangebend war, an den das Geld ging – nicht aber, wenn etwa Ehepartner, Eltern oder Geschwister die Profiteure waren. Nun sollen auch jene Fälle umfasst sein, wenn nahe Angehörige den gemeinnützigen Verein leiten.

6. Unternehmen

Im sogenannten Verbandsverantwortlichkeitsgesetz sollen außerdem die Höchstbeträge der Strafrahmen für die Tagsätze von 10.000 auf 30.000 Euro verdreifacht werden. Die Regierung setzt damit eine Forderung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um.

Edtstadler: "Schärfstes Gesetz"

"Jede Form von Korruption ist Gift", betonten Zadić und Edtstadler am Donnerstag mehrfach. Die ÖVP-Politikerin Edtstadler fügte an: "Es ist ein wichtiger Schritt für die Volkspartei. Weitere Schritte müssen folgen." Gemeint war damit das Informationsfreiheitsgesetz, das seit langem in der koalitionären Warteschleife hängt. Es würde unter anderem die von vielen Seiten geforderte Abschaffung des Amtsgeheimnisses beinhalten. Dennoch ist Edtstadler schon jetzt überzeugt: "Wir schaffen das schärfste Antikorruptionsgesetz der Welt."

Der Gesetzesentwurf für die Reform des Korruptionsstrafrechts soll nun für acht Wochen in die Begutachtung geschickt und danach im Parlament beschlossen werden. (Katharina Mittelstaedt, fsc, 12.1.2023)