Der Kanzler wurde zu vielen verschiedenen Themen befragt.

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Wien – Mit kurzen Repliken auf die Fragen von Interviewer Martin Thür wollte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im "ZiB 2"-Interview Mittwochabend nicht begnügen. Auch auf Thürs Frage wegen Österreichs Nein zum Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens ging er wortreich ein. Aussagen indischer Asylantragsteller hätten ergeben, dass deren Fluchtroute vergangenes Jahr von Serbien über Rumänien und Ungarn nach Österreich verlaufen sei, sagte der Kanzler. Derlei gelte es künftig zu verhindern.

Beratende Fachleute des Innenministeriums hatten die Routen indischer Staatsbürger bei der 219. Sitzung der Taskforce Migration am 25. Oktober 2022 anders dargestellt. Laut den dem Standard vorliegenden damals verteilten Unterlagen schlugen sie sich von Serbien vielmehr via Ungarn nach Österreich durch, mit nur wenigen Ausnahmen.

Der Kanzler und die Razzia

Der Kanzler versuchte auch, seine Verantwortung in Bezug auf die Operation Luxor aus seiner Zeit als türkiser Innenminister von sich zu schieben. Die umstrittenen Razzien gegen angebliche Muslimbrüder und mutmaßliche Hamas-Terroristen vom 9. November 2020 zerbröseln mehr als zwei Jahre danach zusehends. Ein schwerer Schlag für die Ermittler? Nehammer betonte im Interview bloß, dass die Aktion von der zuständigen Grazer Staatsanwaltschaft und einem weisungsfreien Richter genehmigt worden sei.

Das ist formal richtig. Nehammer setzte sich am Tag der Razzien aber medial massiv in Szene. In die Operation Luxor flossen zudem reichlich Ressourcen des Staatsschutzes, dem Nehammer als Innenminister vorstand. Das Verfahren wird daher stets mit dem Kanzler assoziiert.

UVP doch kein Turbo

Bei der angestrebten Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) hat Nehammer dick aufgetragen, als er von einem Durchbruch sprach. Tatsächlich dürfte der Turbo überschätzt sein, denn UVP dauern nur bei verkehrswirtschaftlich zweifelhaften Prestigeprojekten lang. Im Schnitt dauert eine UVP ab Veröffentlichung der Unterlagen 7,2 Monate. Hochgespielt hat der Kanzler die Aufstockung der Photovoltaik-Förderung um 200 auf 600 Millionen Euro. 400 Millionen waren vor der Klausur budgetiert. (Irene Brickner, Jan Michael Marchart, Luise Ungerboeck, 13.1.2023)