Kurz vor dem ersten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nimmt die Kontroverse darüber, mit welchen Mitteln die EU-Mitgliedsstaaten das Nachbarland unterstützen sollen, an Intensität zu.

Weitgehend einig war man sich bisher nur, dass es immer härtere Sanktionen gegen das Regime von Präsident Wladimir Putin geben muss. Schritt für Schritt. Parallel dazu erhielt die Regierung in Kiew rasche und großzügige wirtschaftliche Hilfe. Millionen von Flüchtlingen wurden versorgt.

Wenn es um die Lieferung von Waffen an die Ukraine geht, ist sich Europa nicht ganz einig.
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Aber schwieriger laufen die Entscheidungsprozesse, wenn es um die Lieferung von Waffen geht. Die Osteuropäer, allen voran Polen und die baltischen Staaten, drängten von Anfang an darauf, der Ukraine auch schweres Gerät zur Selbstverteidigung zu liefern. Die USA und die Briten, Führungsmächte in der Nato, diskutierten nicht lange. Sie handelten.

Bei den europäischen Partnern war es vor allem Deutschland, das militärisch zu lange auf der Bremse stand. Im Frühjahr 2022 plagte man sich noch mit dem Liefern von lächerlichen 5.000 Schutzhelmen. Die Zurückhaltung ist historisch erklärbar. Nach einem Jahr Krieg ist jedoch klar, dass auch Deutschland letztlich Farbe bekennen muss, wenn immer neue russische Offensiven kommen. Polen will Kampfpanzer aus deutscher Produktion liefern. In Berlin zögert man bei der Zustimmung. Aber diese wird – und muss – kommen. Eine Niederlage der Ukraine kann sich Deutschland nicht leisten. (Thomas Mayer, 13.1.2023)