Zuletzt hat der OGH im August 2022 bestätigt, dass der Vertrag zwischen der Stadt Linz und der Bawag ungültig war.

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Linz – Der jahrelange Rechtsstreit zwischen der Stadt Linz und der Bawag um den Swap 4175, in dem es um hunderte Millionen Euro gegangen ist, steht vor der Beilegung. Man hat sich auf einen Vergleich geeinigt. Die Stadt zahle zwölf Millionen Euro, berichteten Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) und die Rechtsberater der Stadt – Rechtsanwalt Gerhard Rothner und der Linzer Uni-Rektor Meinhard Lukas – am Mittwoch während einer Pressekonferenz.

Zahlung in zwei Tranchen

Es brauche noch einen Gemeinderatsbeschluss, und auch die Bawag müsse noch ihre Gremien befassen, so Luger. Doch dann könne es vor dem Handelsgericht Wien zur offiziellen Streitbeilegung kommen. Ein entsprechender Antrag solle am Donnerstag im Stadtsenat behandelt und am 26. Jänner dem Gemeinderat vorgelegt werden, erklärte Luger. Es werde eine Mehrheit geben, ÖVP und Grüne würden zustimmen, kündigte ein erleichterter Stadtchef, der ein "Damoklesschwert" beseitigt sieht, an. "Wir bestätigen die Gespräche mit der Stadt Linz und das Ergebnis dieser Gespräche, wie von der Stadt Linz vorgestellt", lautete das knappe Statement der Bawag.

Der Vorschlag eines gerichtlichen Vergleichs, auf den sich beide Seiten geeinigt haben, sieht laut Luger vor, dass die Stadt zwölf Millionen Euro zahlt – acht Millionen Euro bis 28. Februar 2023 und vier Millionen Euro bis 31. Jänner 2024 – und beide Seiten auf weitere wechselseitige Forderungen verzichten. Ihre bisher entstandenen Kosten tragen beide Seiten selbst. In den Budgets sei die entsprechende Vorsorge getroffen worden, versicherte Magistratsdirektorin Ulrike Huemer, man brauche keine Kredite, um das Geld für den Vergleich aufzubringen. Die Kosten, die durch den Rechtsstreit an sich angefallen seien, bezifferte Rothner mit "unter zehn Millionen Euro".

Handelsgericht entschied 2020: Vertrag ungültig

Der Streit um den Swap 4175 hat das Handelsgericht viele Jahre beschäftigt. Geklärt werden musste, ob der Abschluss dieses Finanzgeschäfts überhaupt rechtens war. Das Handelsgericht hatte im Jänner 2020 befunden, dass der Vertrag mangels aufsichtsbehördlicher Genehmigung ungültig ist. Der Fall ging vor den Obersten Gerichtshof (OGH) – dieser bestätigte das Urteil.

Infolgedessen werde die Bawag ihre gegen die Stadt Linz gebuchte Forderung zur Gänze – es handelt sich um 254 Millionen Euro – bilanziell abschreiben, teilte die Bank damals mit. Laut der Bank wurde in dem Urteil aber keine Entscheidung im Hinblick auf gegenseitige Ansprüche getroffen. Die Bawag hatte Schadenersatz gegenüber der Stadt Linz gerichtlich eingeklagt – in diesem Verfahren gab es jetzt die Einigung auf einen Vergleich.

Umstrittener Deal

Der damalige Linzer Finanzdirektor hatte das Swapgeschäft – eine Art Kurs-Zins-Wette – im Jahr 2007 zur Absicherung einer auslaufenden Kreditlinie über 195 Millionen Schweizer Franken (aktuell 195 Millionen Euro) mit der Bawag abgeschlossen. Durch den Kursanstieg des Franken wuchs der Wert des Swaps 4175 auf mehrere Hundert Millionen Euro, die zusätzlich zur Kreditschuld zu zahlen wären. Die Stadt Linz stellte im Jahr 2011 die fälligen Raten für den Swap ein, seitdem läuft der Rechtsstreit zwischen der Stadt Linz und der Bank.

Penn hatte das Swapgeschäft im Rahmen einer Vollmacht abgeschlossen. Im Jahr 2004 habe der Linzer Gemeinderat aber nur einen "ganz allgemeinen Beschluss" zu Finanzgeschäften gefasst, sagte der Handelsgerichtsrichter Andreas Pablik im Jänner 2020 bei seiner Urteilsbegründung. Der damalige Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) sei nicht befugt gewesen, Penn eine Vollmacht für derart riskante Finanzgeschäfte zu geben.

Auf Klage folgte Gegenklage

Die Stadt klagte daher die Bawag 2011 auf Rückzahlung der aus ihrer Sicht geleisteten Überzahlungen von 30,6 Millionen Schweizer Franken, weil das Geschäft aus Sicht der Stadt ungültig war. Die Bawag wehrte sich damals mit einer Gegenklage, in der sie 417,7 Millionen Euro von der Stadt forderte. Ein mittlerweile rechtskräftiges Zwischenurteil befand, dass der Vertrag rechtsunwirksam zustande gekommen sei, da keine aufsichtsbehördliche Genehmigung vorlag. Die Stadt Linz hatte damit einen wichtigen Etappensieg errungen. Die Bank forderte allerdings noch Schadenersatz für den entstandenen "Vertrauensschaden", weil sie darauf vertraut hatte, dass der Finanzdirektor das Recht hatte, das Geschäft abzuschließen. Dieser juristische Streit dürfte nun vor der Beilegung stehen.

Grüne begrüßen Vergleich, ÖVP und FPÖ kritisch

"Wir sehen es zwar als positiv an, dass das Damoklesschwert namens Swap 4175 endlich weg ist, halten aber deutlich fest, dass wir von Beginn an gegen jegliche Art von Spekulationsgeschäften waren", reagierte Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) in einer Presseaussendung. Hajart rechnet mit einem Gesamtverlust für die Stadt von über 43 Millionen Euro. Die Verantwortung für den finanziellen Schaden trage die SPÖ.

"Die Linzer FPÖ wird dem Vergleich weder in der Stadtregierung noch im Gemeinderat zustimmen", kündigten Stadtrat Michael Raml und Fraktionsobmann Wolfgang Grabmayr in einer Presseaussendung an. Sie sehen in dem Vergleich eine vertane Chance, die bereits an die Bank bezahlten 24 Millionen Euro zurückzugewinnen und die bisherigen Prozesskosten in Millionenhöhe zurückzuerlangen. Sie sind überzeugt, dass die Stadt den Prozess auch am Ende vollständig gewonnen hätte, nachdem das Zwischenurteil die Ungültigkeit des Swap-Vertrages festgestellt hätte.

Die Linzer Grünen hingegen begrüßen den anstehenden Vergleich. "Die städtischen Rechtsberater haben eine klare Empfehlung ausgesprochen", hieß es in einer Aussendung. Es wäre daher "verantwortungslos", trotzdem einen Rechtsstreit weiterzuziehen, "der wieder viele Jahre dauern, Gerichts- und Rechtsvertretungskosten weiter in die Höhe treiben würde und möglicherweise Schadenersatzzahlungen bedeuten könnte, die diesen Betrag bei weitem übersteigen", meinte Stadträtin Eva Schobesberger. (APA, bpf 18.1.2023)