Ein Rendering des Bundeslagezentrums.

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Wien – Das Krisensicherheitsgesetz wird laut Innenministerium ab Donnerstag begutachtet. Nach rund einem Jahr Arbeit hat die Koalition im November einen Entwurf dafür vorgelegt. Diesem hat die Opposition aber die Zustimmung verweigert und heftige Kritik geübt. Die Regierung braucht für das Gesetz eine Zweidrittelmehrheit, also die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ. Entgegen ersten Informationen gibt es darüber weiter keine Einigung.

Von der SPÖ hieß es am Donnerstag zur APA, ein geänderter Entwurf sei am Montag den Oppositionsparteien übermittelt worden. Auf Kritik der SPÖ sei dabei nicht eingegangen worden, daher bleibe diese aufrecht. "Der neue Entwurf stellt keine Verbesserung dar", heißt es aus dem SPÖ-Parlamentsklub. Auch aus dem FPÖ-Klub hieß es zur APA, dass es keine Einigung gibt.

Gesetzesvorlage laut SPÖ nicht ordentlich gemacht

In einer Aussendung betonte SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner, dass es von seiner Fraktion zu dem Entwurf keine Zustimmung geben wird: "Die Bundesregierung hat an dem Entwurf, den wir im Dezember mit den anderen Oppositionsparteien heftig kritisiert haben, nichts geändert, lediglich die 'Arbeitsgruppen' zu 'Fachgremien' umbenannt. Die Bundesregierung hat aus den Krisen der letzten zwei Jahre offensichtlich nichts gelernt."

Einwallner wies noch einmal auf die Kritik der SPÖ hin: "Der Bundeskanzler kann noch immer jede Verantwortung in der Krise abgeben. Das Bundesheer wird mittels Verfassungsbestimmung zum technischen Hilfswerk degradiert, an dem sich jedes Ministerium abputzen kann. Die Länder und Blaulichtorganisationen kommen gar nicht vor, obwohl gerade sie in der Krisenvorsorge viel Verantwortung haben, wie jedem während der Pandemie bewusst wurde. Ein Krisensicherheitsgesetz muss ordentlich gemacht sein, sonst macht man es besser gar nicht."

FPÖ: "Nicht praxistauglich"

Seitens der FPÖ erklärte Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer der APA, dass die von ÖVP und Grünen vorgelegten Änderungen "für uns eine reine Farce sind". "Die Bereitschaft vonseiten der Regierungsparteien, das Gesetzesvorhaben tiefgründig und nachhaltig zu ändern, war einfach nicht vorhanden", so der Abgeordnete.

Das Gesetz sei "schlecht gemacht", "nicht praxistauglich", und es seien "verfassungswidrige Bestimmungen eingebaut, die das Bundesheer betreffen, die in Wahrheit ein Angriff auf die militärische Landesverteidigung sind – demnach soll nämlich das Heer zu einem technischen Hilfswerk degradiert werden. Wir werden einem solchen Gesetz sicher nicht zustimmen."

Auch die Neos bleiben weiterhin kritisch: "Von einer Einigung kann keine Rede sein", sagte Verteidigungssprecher Douglas Hoyos in einer Stellungnahme zur APA. "Die Regierung ist bisher auf keines unserer Bedenken eingegangen, beispielsweise dass der Entwurf keine Verpflichtung der Länder vorsieht. Außerdem darf ein Krisenkoordinator nicht von einem Dutzend Gremien aus Ministerien abhängig sein, eine Krise erfordert schnelles und unbürokratisches Handeln mit klaren Zuständigkeiten. Von uns Neos wird es daher keine Zustimmung geben, wenn der Gesetzesentwurf nicht noch massiv verbessert wird."

Weitere Aufgaben für das Heer

Eingearbeitet in den Entwurf wurden noch Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg. Herzstück der Neuaufstellung ist die Einrichtung eines Bundeslagezentrums im Innenministerium. Auf mehr als zweitausend Quadratmetern soll dort die Entwicklung in zentralen Bereichen wie Sicherheit, Gesundheit und Energie ständig beobachtet werden und die gleichzeitige Bewältigung von bis zu drei Krisen möglich sein. Das soll auch dabei helfen, die Koordination zwischen den betroffenen Akteuren (Bundes- und Landesbehörden, Einsatzorganisationen etc.) zu verbessern.

Ein zentrales Ziel ist, mit rechtlichen Klarstellungen die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden auf Bundesebene zu verbessern. So wird erstmals eine einheitliche Definition des Krisenfalls und dem damit verbundenen Ablauf definiert. Es wird zudem ein Regierungsberater samt Beratungsgremium zur strategischen Beratung der Regierung im Kanzleramt eingerichtet.

Definiert werden auch Mitwirkungs- Informations- und Teilnahmepflichten der Ressorts und der Länder. Zur Krisenvorsorge und -prävention werden alle Ressorts verpflichtet. Gesetzlich klargestellt wird, dass Dritte (wie etwa Hilfsorganisationen), die zur Krisenabwehr und -bewältigung herangezogen werden, für die Behörde als Verwaltungshelfer tätig werden. Dem Bundesheer sollen weitere Aufgaben zugewiesen werden. Da die Einbindung des Heeres einer Verfassungsbestimmung bedarf, ist auch die Zustimmung der Opposition nötig. Gleiches gilt auch für den Eingriff in Landeskompetenzen.

Richtige Schlüsse

"Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik wird mit dem Krisensicherheitsgesetz ein umfassender und gesamtstaatlicher Prozess zur Krisenbewältigung, aber auch zur Prävention definiert", erklärte dazu Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

Für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) stellt das Krisensicherheitsgesetz "einen Meilenstein für die Krisenvorsorge und die österreichische Sicherheitsarchitektur dar. Das Gesetz schafft die Grundlagen, damit unser Heer die gesamtstaatlichen Akteure bei der Bewältigung von Krisen noch effektiver unterstützen kann." Und Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hob hervor, dass Krisen sowohl eine gesundheitliche als auch eine soziale Dimension haben. "Menschen mit geringem Einkommen werden härter getroffen. Das hat Folgen für ihre Gesundheit, ihre Bildung, ihre Aufstiegschancen. Mit dem Krisensicherheitsgesetz ziehen wir die richtigen Schlüsse aus der Corona-Pandemie." (APA, red, 19.1.2023)