Henrik Kristoffersen (links), Ferdl und Marcel Hirscher beim Fachsimpeln auf der Reiteralm. Das Projekt schreitet schnell voran.

Foto: Joerg Mitter Photography

Dominic Tritscher hat alle Hände voll zu tun. Der frühere Freerider und Freestyler aus Schladming – übrigens nicht verwandt mit dem früheren Slalomläufer Michael Tritscher – bereitet gerade im Lager "ein paar Sachen für Kitzbühel und Schladming" vor, als ihn DER STANDARD erreicht.

Tritscher ist neben dem früheren ÖSV-Sportdirektor Toni Giger einer von zwei Geschäftsführern von Van Deer – Red Bull Sports, der Skimarke von Marcel Hirscher. Das frühere Salzburger Skiass ist Eigentümer der am 1. Oktober 2021 gegründeten Firma, die dank Henrik Kristoffersen unverhofft schnell für Furore sorgte. Der Norweger hat in seiner ersten Saison mit den Latten aus dem Stall seines vormals ärgsten Widersachers schon zwei Siege eingefahren. Mit dabei sind auch der Vater des achtfachen Gesamtweltcupsiegers, Ferdl Hirscher, und Edi Unterberger. Der ehemalige Servicemann von Katharina Liensberger hat im Servicebereich die Rennsportverantwortung über. Seit seinem Abgang hat die Slalomweltmeisterin aus Vorarlberg im Weltcup das Nachsehen.

Tritscher hat mit Hirscher die Firma Van Deer gegründet. Die Ski werden von Augment in Stuhlfelden unweit von Zell am See erzeugt. Nach flottem Wachstum wurde die aus dem Skisprung bekannte Firma im vergangenen Juli als Tochter übernommen. Tritscher: "Unser Ziel ist es, extrem reaktionsfähig und flexibel zu sein. Und das kann man nur, wenn man eine eigene Produktion hat."

50 Prozent Red Bull

Mittlerweile ist auch Red Bull eingestiegen und hat 50 Prozent der Anteile übernommen. Tritscher: "Nicht mehr und nicht weniger, weil wir es auch aus eigener Kraft schaffen wollen. Wir haben den Schritt noch zu Lebzeiten von Dietrich Mateschitz gemacht. Wir sind ein gut fundamentiertes Start-up. Das waren wir aber vor der Fusion auch schon. Und mit dem Tod von Didi hat sich nichts geändert. Red Bull bleibt sportfanatisch."

Anfangs wurde das Projekt belächelt, schließlich ist der Markt von den großen Playern heiß umkämpft. Durch die Corona-Pandemie haben sich die Absatzzahlen nach Berechnungen des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster (VSSÖ) in Österreich nahezu halbiert. In der Saison 2021/22 hat die Skiindustrie rund 233.000 Paare verkauft und damit rund 20 Prozent weniger als im Jahr davor, als der Markt um rund ein Drittel eingebrochen war. Im Gegensatz dazu aber ist der Weltmarkt um rund acht Prozent gewachsen. Insgesamt wurden vergangene Saison rund 2,8 Millionen Paar Ski verkauft.

Gewinnerwartung

Van Deer will mit den großen Firmen erst gar nicht konkurrieren. "Wir wollen ein hochwertiges Premiumprodukt mit geringer Stückzahl verkaufen, die Coolsten und Schnellsten sein. Wir haben überlegt, Wellness oder Rock ’n’ Roll? Und wir haben uns für Rock ’n’ Roll entschieden. Nachdem Hirscher auf unseren Skiern steht, erwartet jeder, dass wir gewinnen. Wir wollen den Qualitätsanspruch erfüllen."

In dieser Saison will man rund 6000 Paar Ski verkaufen, nächste Saison verdoppeln und nach Japan und Nordamerika expandieren. "Extrem coole Skimärkte", sagt Tritscher, der sich mehr Wertschätzung wünscht. "Natürlich haben uns die Großen belächelt. Aber davon lassen wir uns nicht irritieren. Das Schöne ist, es lässt sich sportlich und fair auf der Skipiste regeln."

Tritscher hat mit Hirscher die Skitourismusschule in Bad Hofgastein besucht und die Freundschaft mit dem Salzburger später als Zuständiger für globales Sportmarketing bei Atomic – Hirschers früherem Ausrüster – intensiviert.

Insgesamt sind bei Van Deer – Red Bull Sports 48 Mitarbeiter beschäftigt. "Jeder glaubt, das Red Bull Media House ist da, die Leute sind geblendet von dem Ganzen." Mittlerweile werden neben Kristoffersen auch der Norweger Timon Haugan und der Engländer Charlie Raposo ausgerüstet. In Österreich darf die Firma erst in drei Jahren in den Skipool aufgenommen werden, vorher ist lediglich die Ausstattung des Nachwuchses erlaubt.

Mit im Pool

Augment ist jedoch im Pool. Die Tochterfirma supportet im Skisprunglager 60 Athletinnen und Athleten, darunter etwa Eva Pinkelnig und Manuel Fettner, bei den Alpinen den Finnen Elian Lehto, Michael Matt und die aktuell verletzten Speedspezialisten Christoph Krenn und Max Franz. Tritscher: "Das Speed-Projekt ist ein bissl anders verlaufen als geplant."

Auch der Businessplan war zunächst kleiner angedacht, als Hirscher und Tritscher das Logo in der Garage des Doppelolympiasiegers von 2018 entwarfen. "Wir wollten ein Produkt kreieren, nach dem wir immer gesucht haben, und keinen Kompromiss bei den Komponenten eingehen."

Das abgeklebte Logo mit Hirsch und Bulle auf Kristoffersens Ski sorgte beim Saisonstart für Rätselraten. Handelte es sich um unerlaubtes Co-Branding, oder war es vielmehr ein Marketinggag? Tritscher freute sich jedenfalls über das enorme Echo nach dem dritten Platz des Norwegers in Sölden und kommentiert knapp: "Wir sind eine gemeinsame Firma, es ist ein registriertes Logo und kein Co-Branding." (Thomas Hirner 21.1.2023)