Alleine im Vorjahr wurden mehr als 412 Millionen Euro an Förderungen seitens der MA 10 an rund 420 private Kindergartenträger in Wien ausbezahlt.

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Der private Kindergartenverein Minibambini mit zwölf Standorten und rund 800 betreuten Kindern beschäftigt weiter die Wiener Stadtpolitik. Vergangene Woche deckte ein Bericht des Stadtrechnungshofs einen mutmaßlichen Fördermittelmissbrauch auf. So wurden zahlreiche In-sich-Geschäfte zwischen dem Kindergartenverein und den Familienmitgliedern, die den Verein führen, vermerkt. Es gab Barauszahlungen in Millionenhöhe, mit der Zustellung des Essens wurden Baufirmen beauftragt – die später als Scheinfirmen enttarnt wurden. Der Fuhrpark hat auch mehrere BMWs zu bieten – und Verkehrsstrafen wurden über den Verein abgerechnet.

"Es hat auch mich aufgeregt", kommentierte der zuständige Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr den Bericht. Neben Konsequenzen für den privaten Verein kündigte der Wiener Chef der Neos eine allgemeine "Aktion scharf" im Kindergartenbereich an: So sollen die Kontrollen der Einrichtungen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt werden: Bis zum Sommer soll es 1.000 Überprüfungen geben, davon auch unangekündigte Vor-Ort-Besuche. Die Kontrollen führen die Kindergarten-Abteilung MA 10 sowie die Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) durch.

412 Millionen Euro Fördermittel für private Träger

Man dulde in der Stadt keine Misswirtschaft mit Steuergeld, sagte Wiederkehr. Allerdings zeigt sich, dass die Verwendung der Fördermittel für private Kindergärten bislang nicht ausreichend geprüft wurde – oder geprüft werden konnte. Immerhin wurden alleine im Vorjahr mehr als 412 Millionen Euro an Förderungen seitens der MA 10 an private Kindergartenträger ausbezahlt.

Mittlerweile werden bereits mehr als 60 Prozent der Kindergartenplätze in Wien von privaten Trägern angeboten, die dafür Fördermittel erhalten. Hintergrund dieser Entwicklung ist die Einführung des beitragsfreien Kindergartens 2009, seither kam es zu einem signifikanten Anstieg von Plätzen für Kindergartenkinder.

Mit der Überprüfung der Fördermittel für rund 420 private Kindergartenträger sind derzeit aber nur 19 Personen in der Förderabteilung der MA 10 beschäftigt, wie Wiederkehr auf Anfrage des STANDARD sagte. Nun wird die Abteilung um drei Personen aufgestockt. Die neue MA-10-Chefin Karin Broukal will zudem die internen Prozessabläufe verbessern.

Auf die Frage, wie bisher ein Fuhrpark mit mehreren BMWs und 229.000 Euro an Kfz-Aufwendungen in nur drei Jahren sowie hohe Bargeld-Abrechnungen bei der Fördermittelüberprüfung übersehen werden konnten, sagte Broukal: "Ich gehe dem jetzt nach." Wiederkehr bezeichnete den Fuhrpark als "inakzeptabel". Bei den Überprüfungen der Fördermittel "müssen wir besser werden", sagte er – auch wenn Wiederkehr einräumte, dass man nicht alle schwarzen Schafe erwischen könne. Dafür brauche es auch intensive Prüfungen durch den Stadtrechnungshof oder beauftragte externe wirtschaftliche Prüfer.

130.000 Euro an Förderung müssen rücküberwiesen werden

Direkte Konsequenzen für den Verein Minibambini aus der vertiefenden Prüfung gibt es bereits: So muss dieser bis Ende Jänner rund 130.000 Euro an Förderungen zurückzahlen, weil eine Kindergartengruppe trotz Anstoßfinanzierung nicht fristgerecht eröffnet wurde. Rund 18.000 Euro an bezahlten Verwaltungsstrafen, darunter auch Verkehrsstrafen, müssen von den betroffenen Personen in die Vereinskassa zurücküberwiesen werden.

Bei Kontrollen des betroffenen Vereins seien aber keine groben pädagogischen Mängel festgestellt worden. Es hätten sich bei nachfolgenden Überprüfungen auch keine Verdachtsmomente erhärtet, dass es den Kindern nicht gutginge. Eine Schließung des Kindergartens oder ein sofortiger Förderstopp ist laut Wiederkehr kein Thema, da sonst 800 Kinder auf der Straße stehen würden. Künftige Maßnahmen seien aber nicht ausgeschlossen. Wiederkehr: "Für mich ist der Verein auf Bewährung."

Gewerkschaft sieht kleine Vereine kritisch

Die Gewerkschaft Younion will hingegen eine Änderung bei den Kindergärten: "Kinderbildung gehört in die öffentliche Hand oder zumindest in die bekannten, sehr großen privaten Einrichtungen", sagte Manfred Obermüller, Vorsitzender der Hauptgruppe 1 in der Younion. Angesichts der "Skandale", die immer wieder in kleineren Vereinen auftreten würden, sei es "höchste Zeit, dass man das Konzept mit den kleinen privaten Trägern überdenkt". Das würde auch eine Entlastung für die kontrollierenden Behörden bedeuten.

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte am Dienstag ein Aus für den privaten Kindergartenträger Minibambini und regte ein neues Fördermodell an, das mit externen Wirtschaftsexperten erarbeitet werden soll. Für die Wiener ÖVP kommen die von Wiederkehr am Dienstag angekündigten Maßnahmen "viel zu spät". Beim kommenden Sondergemeinderat am Freitag werde die ÖVP einen Misstrauensantrag gegen Wiederkehr einbringen. (David Krutzler, 24.1.2023)