Das schlechte Wahlergebnis der SPÖ in Niederösterreich führt umgehend zu einer Personaldebatte auf Landes- und auf Bundesebene. In der Landespartei laufen "harte Gespräche", wie Andreas Babler, der Bürgermeister von Traiskirchen, im Gespräch mit dem STANDARD sagt. "Es gibt viel zu diskutieren." Auf Bundesebene entflammt die bekannte Personaldebatte um Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Die Anhänger von Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sehen den Zeitpunkt für einen Wechsel an der Spitze der SPÖ nahen.

Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler sieht sich auf Landesebene schwer nachgefragt.
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In Niederösterreich hat Babler, der von Platz 35 auf der Landesliste der SPÖ in einen Vorzugsstimmenwahlkampf gestartet war, allein in Traiskirchen nach eigenen Angaben "unglaubliche" 3.500 "Persönliche" erhalten. Die Sozialdemokraten legten in seiner Heimatgemeinde um fast vier Prozentpunkte zu. "Ich und mein Team freuen uns irrsinnig über unser Ergebnis", sagt er. "Ich denke, mein Erfolgsrezept war es, klare Kante zu zeigen. Natürlich vernehme ich den Ruf vieler in der Partei, Verantwortung in der Landespartei zu übernehmen. Aber das ist nicht das Thema. Jetzt warte ich einmal mein Vorzugsstimmenergebnis ab."

Babler: "Spürbare Bewegung" gestartet

Wie es weitergehe, würden "die kommenden Tage zeigen", sagt Babler, der sich im Wahlkampf in mehreren Fragen explizit anders positioniert hatte als der rote Landesparteichef Franz Schnabl. Babler gilt als Vertreter des linken Flügels der SPÖ. "Leider hatte ich wenig Mittel, um einen landesweiten Wahlkampf zu führen. Das war eine budgetäre Frage. Und trotzdem haben wir zumindest eine spürbare Bewegung starten können."

Andreas Kollross, Bürgermeister von Trumau, hat ein kleines Minus vor dem Wahlergebnis seiner Gemeinde stehen, kommt aber immer noch auf über 40 Prozent und zählt damit zu den rarer gewordenen roten Flecken in Niederösterreich. "Wir haben als SPÖ ein Glaubwürdigkeitsproblem", analysiert Kollross im Gespräch mit dem STANDARD, "die Leute glauben uns nicht mehr". Die SPÖ setze auf die richtigen Themen, komme mit ihrer Botschaft aber nicht durch. "Wir müssen weg von den Schlagwörtern, die wir uns seit 20 Jahren erzählen und mit denen wir Wahlkampf machen", sagt der Bürgermeister. "Wir erkennen die Problemlage, dringen kommunikativ aber nicht durch."

Kollross: "Personen spielen immer eine Rolle"

Andreas Kollross, Bürgermeister der roten Gemeinde Trumau, macht bei der SPÖ ein Glaubwürdigkeitsproblem aus und möchte die Führungsfrage gelöst sehen.
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Den Grund dafür und das damit verbundene schlechte Wahlergebnis der SPÖ in Niederösterreich sieht Kollross auch in der personellen Aufstellung. "Personen spielen da immer eine Rolle", sagt er, "es wird ja nicht nur die Partei gewählt." Damit meint Kollross nicht unbedingt Franz Schnabl, wie er erklärt, davon sei auch die Bundespartei betroffen. "Wir brauchen ein Ende der Personaldebatte. Wie auch immer sie ausgeht. Dann sollten wir uns wieder weniger mit uns selbst beschäftigen."

"Der Verlust des zweiten Platzes schmerzt und muss auf Landesebene eingehend analysiert werden", findet SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der auf Bundesebene hingegen keinen Änderungsbedarf sieht. "Der stärkste Wahlhelfer für die FPÖ war die ÖVP", befindet Rendi-Wagner selbst. "Mit ihrer verantwortungslosen und inhaltsleeren Asylpolitik, die keine Lösungen und keinen Plan hat, hat die ÖVP der FPÖ die Wählerinnen und Wähler zugetrieben."

Die SPÖ Burgenland, die für ihre scharfe Kritik an Bundesparteichefin Rendi-Wagner bekannt ist, hat sich am Sonntagabend enttäuscht gezeigt über den dritten Platz der Roten bei der niederösterreichischen Landtagswahl. In einer Aussendung forderte Landesgeschäftsführer Roland Fürst eine "Analyse der Ursachen" für das schwache Abschneiden. Es habe sich gezeigt, dass die Sozialdemokratie nicht vom "Niedergang der ÖVP im Kernbundesland" profitieren konnte und die FPÖ die Wählerinnen und Wähler offenbar besser abhole. (Katharina Mittelstaedt, Michael Völker, 30.1.2023)