Ferdinand von Rayskis "Wilde Kaninchen im Grase" spielten im Dezember im Dorotheum einen Auktionsrekord ein.

Foto: Dorotheum

Ein Jahrhundertfund oder doch nur Ramsch? Das ist, worum es in jenen Fernsehformaten geht, bei denen private Erbstücke nahezu aller Art von Experten begutachtet und bewertet werden. Der Ablauf von Sendungen wie "Bares für Rares Österreich" auf Servus TV erinnert dabei an Speed-Dating mit Händlerinnen und Händlern, die den Studiogästen die Ware im Idealfall auch gleich abkaufen.

So auch in der am vergangenen Sonntag ausgestrahlten, ursprünglich im Frühsommer 2022 aufgezeichneten 76. Episode. In dieser ließ ein Gemeindebediensteter aus Niederösterreich ein Gemälde aus Familienbesitz begutachten. Das Bild (Öl auf Leinwand) zeigte "Wilde Kaninchen im Grase", wie über ein vom Künstler Ferdinand von Rayski (1806–1890) beschriftetes Etikett auf der Rückseite ersichtlich war.

Zustand als Manko

Als Servus-TV-Experte fungierte Erich Tromayer. Der ehemals allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige und Kunsthändler referierte kurz über die Herkunft des Künstlers (Dresden) sowie über dessen eigentlich bevorzugte Motive (Porträts Adeliger, Schlachtenbilder aus den Napoleonischen Kriegen).

Als großes Manko benannte Tromayer jedoch den schlechten Zustand des Bildes: Es sei "einige Male schwer misshandelt worden", da und dort seien Löcher "unsachgemäß verkittet und restauriert" sowie "schlecht gefirnisst" worden. Ob sich eine Restaurierung überhaupt lohne, bezweifelte er.

Servus-TV-Experte Erich Tromayer, ehemals Sachverständiger und Kunsthändler, begutachtet das Gemälde und moniert dessen Zustand. Er beziffert den Wert mit 500 bis 600 Euro.
Foto: Screenshot DER STANDARD

Der Gemeindebedienstete ahnte schon, die von ihm erhofften 1.000 Euro als Urlaubsbudget "wird es wohl nicht spielen". "Aufgrund des sehr, sehr schlechten Zustands und der zu erwartenden hohen Restaurierungskosten", setzte Erich Tromayer nach, würde er das Bild nur "mit 500 bis 600 Euro bewerten".

Auktionsrekord im Dorotheum

"Nicht der Wunschpreis", aber "voll in Ordnung", kommentierte der Familienvater, dem Markus Kral, einer der Servus-TV-Händler, für das Bild schließlich 550 Euro bar hinblätterte. Damit habe er eine richtige Freude, kommentierte Kral, denn "wenn man das herrichtet, wird das ein super Bild". So weit sollte es nicht kommen.

Servus-TV-Händler Markus Kral, Antiquitätenhändler in Oberösterreich, blättert 550 Euro für das Gemälde hin, das später im Dorotheum für 43.520 Euro versteigert wird.
Foto: Screenshot DER STANDARD

Was die Mehrheit der Fernsehzuschauer vergangenen Sonntag nicht wissen konnte: Das (unrestaurierte) Gemälde wechselte längst wieder den Besitzer, zuletzt über das Dorotheum, wo es am 12. Dezember 2022 für stolze 43.520 Euro versteigert wurde. Exklusive Aufgeld des Auktionshauses belief sich der Nettozuschlag auf 34.000 Euro. Ein Wert, der sehr deutlich von der Schätzung des TV-Experten abwich.

Im Abgleich mit den üblicherweise für Werke des Künstlers erzielten Auktionsergebnissen war das Gemälde marktkonform auf 3.000 bis 4.000 Euro geschätzt worden. Ausschlaggebend für den Erlös, der als der höchste je für ein Rayski-Werk bei einer Versteigerung erzielte gilt, war neben der Recherche der Dorotheum-Experten, die mit der gräflichen Familie Einsiedel-Milkel sogar die ursprünglichen Auftraggeber aus dem Jahr 1860 identifizierten, vor allem das Motiv.

Musealer Hase motivierte

Nicht wenige der Interessenten, die sich im Dorotheum um das Gemälde bemühten, fühlten sich entfernt an den "Hasen im Schnee" in der Galerie Neuer Meister in Dresden erinnert. Auch dieses Bild war einst in der Sammlung der Grafen Einsiedel-Milkel beheimatet, kam 2006 über eine Auktion in Deutschland (Nettozuschlag 8.000 Euro) auf den Markt und wechselte über den Kunsthandel für einen unbekannten Betrag in den Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Detail auf der Rückseite des Gemäldes. Auf einem Etikett hatte der Künstler den Titel des Bildes "Wilde Kaninchen im Grase" vermerkt.
Foto: Dorotheum

Wohin und an wen das Dorotheum die "Wilden Kaninchen im Grase" verkaufte, war nicht in Erfahrung zu bringen. Der Einbringer soll dem Vernehmen nach aus Österreich gewesen sein.

Auf Anfrage erklärt der im oberösterreichischen Hörsching angesiedelte Servus-TV-Händler Martin Kral, nichts von einer Versteigerung im Dorotheum zu wissen. Er habe das Bild damals, also etwa zwei Wochen später, für 2.000 Euro einem Kollegen verkauft. Der dürfe sich jetzt eines ordentlichen Gewinns erfreuen, rechnet Kral vor, denn abzüglich der Provision des Auktionshauses blieben dem immerhin rund 27.000 Euro.

Ein Budget, das dem Gemeindebediensteten aus Niederösterreich wohl auch gefallen hätte. Einfach Pech, gibt er sich im Telefonat überraschend gelassen. (Olga Kronsteiner, 3.2.2023)