Am Immobilienmarkt sind im letzten Jahr einige Wolken aufgezogen.

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Am österreichischen Immobilienmarkt mehren sich die Anzeichen für sinkende oder zumindest stagnierende Preise. Das hat mit steigenden Zinsen, mit seit dem Sommer des Vorjahres geltenden strengeren Kreditvergaberegeln, aber auch einer in den letzten Jahren stark gesunkenen Leistbarkeit von Immobilien zu tun. Wohlgemerkt: Dass die Preise im ganzen Land in den Keller rasseln, das glaubt im Moment niemand.

Der eine oder andere Kreditnehmer macht sich in schlaflosen Nächten aber wohl dennoch Gedanken über diverse Worst-Case-Szenarien. Denn würden die Immobilienpreise nun tatsächlich stark sinken – also über einen längeren Zeitraum und um mehr als zehn Prozent –, könnte das für Menschen mit laufenden Krediten durchaus zum Problem werden. Bei dem in Österreich gängigen Hypothekarkredit wird die Immobilie selbst als Sicherheit genutzt. Die Bank schätzt den Wert der Immobilie und berechnet anhand dessen die Darlehenshöhe.

Versicherung oder Wertpapierdepots

Sinken nun also in einer Region die Preise stark, könnte es theoretisch sein, dass die Darlehenshöhe den Wert der Immobilie übersteigt – und die Bank eine Nachbesicherung verlangt. Selbige kann die Bank auch verlangen, wenn die Kreditnehmerin ihren Job verliert. In beiden Fällen würde die Bank das Gespräch suchen und gegebenenfalls weitere Sicherheiten verlangen, erklärt Bernhard Freudenthaler vom Verband österreichischer Banken und Bankiers. Das könnte beispielsweise eine Versicherung oder Wertpapierdepots sein, die man verpfänden könnte.

Es gäbe unterschiedliche Möglichkeiten, eine schwierige Situation zu überbrücken. Hier werde von Fall zu Fall unterschieden. Davon, dass nun, angesichts potenziell sinkender Preise, Nachbesicherungen verlangt werden, sei man in Österreich aber weit entfernt, betont Freudenthaler. Denn wenn überhaupt, dann kommt das wohl angesichts der zuletzt stark gestiegenen Immobilienwerte nur für kürzlich abgeschlossene Kredite zum Tragen.

Platzende Blase in den USA

Auch beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) und bei der Arbeiterkammer (AK) verzeichnet man zu dem Thema derzeit keine Anfragen. Bei Fremdwährungskrediten sei es in der Vergangenheit durchaus vorgekommen, dass Banken Nachbesicherungen verlangt haben, heißt es beim VKI. Bei der AK berichtet man generell von Anfragen von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern, die sich mit den steigenden Zinsen schwertun.

Anderswo waren Nachbesicherungen wegen sinkender Preise in der Vergangenheit durchaus Thema: In den USA platzten vor 16 Jahren angesichts steigender Zinsen Kredite, die zuvor im großen Stil und ohne ausreichend Sicherheiten vergeben worden waren, weil die Häuser ihr Geld plötzlich nicht mehr wert waren. Selbst wenn die Immobilien also verkauft wurden, konnten die Kredite damit bei weitem nicht mehr bedient werden. Die Folgen sind hinlänglich bekannt: Die Immobilienblase gilt als Auslöser der globalen Finanzkrise.

Unterschiedliche Szenarien

Eine Blase sehen Expertinnen und Experten in Österreich derzeit freilich nicht. Es sei aber immer gut, sich als Kreditnehmerin über unterschiedliche Szenarien Gedanken zu machen, sagt Freudenthaler, "nämlich darüber, was man im Talon hätte". Möglich wäre bei einem Hausbau zum Beispiel, das Bauvorhaben zu verändern, etwa indem man den geplanten Swimmingpool oder den Wintergarten auf später verschiebt.

Bei Bestandsgebäuden wiederum könnte man "ein bisschen Geld zusätzlich in die Hand nehmen", um das Haus energietechnisch auf Vordermann zu bringen. Das steigere wiederum den Wert des Hauses und könnte die Bank zufriedenstellen.

"Man muss sich in der derzeitigen Situation nicht fürchten", betont Freudenthaler. "Aber man sollte auch nicht gedankenlos sein."

Änderung in Sicht

Bei der Kreditvergabe ist, wie berichtet, nun eine Erleichterung absehbar. Die seit August des Vorjahres geltenden neuen und deutlich strengeren Richtlinien, die für einen Einbruch im Kreditgeschäft gesorgt haben, dürften nämlich teilweise gelockert werden.

Am 13. Februar findet eine Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FSMG) statt. Etwaige Änderungen könnten dann bereits mit 1. April in Kraft treten. Als relativ fix gilt aber einzig eine Änderung bei Zwischenfinanzierungen, die durch die neuen Regeln stark erschwert wurden.

Rufe nach einer solchen Lockerung kamen am Freitag auch – erneut – aus der Immobilienwirtschaft: Besonders für junge Familien, die ihre kleine Wohnung verkaufen möchten, um sich eine größere Wohnung zu kaufen, sei die Regelung eine unüberwindbare Hürde, heißt es in einer Aussendung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer.

Mietwohnung als Zwischenlösung

Zwischenfinanzierungen unterliegen seit dem Vorjahr nämlich den gleichen Prüfschritten wie alle Hypothekarfinanzierungen, obwohl diese in der Regel, sobald die Wohnung verkauft ist, sofort zurückbezahlt werden. Die Familie sei also theoretisch gezwungen, vorübergehend eine Wohnung als Zwischenlösung anzumieten, was "völlig praxisfremd" sei, wie es in der Aussendung heißt.

Diskussionswürdig ist für die Immobilienwirtschaft auch die vorgeschriebene maximale Schuldendienstquote von 40 Prozent. Die Rückzahlungen dürfen also 40 Prozent des monatlichen Haushaltseinkommens nicht überschreiten. Diese Quote sollte nach Ansicht der Wirtschaftskammer nicht starr sein, sondern etwa auch die niedrigen Kosten bei energieeffizienten Gebäuden berücksichtigen.

Dass es Änderungen bei der Schuldendienstquote geben könnte, gilt aber als unwahrscheinlich. Unangetastet dürften auch die verlangten 20 Prozent an Eigenmitteln bleiben. Für viele Menschen wird Eigentum also weiter unleistbar bleiben. (Franziska Zoidl, 10.2.2023)