Alexander Schallenberg leitet das Außenministerium.

Foto: BMEIA/Michael Gruber

Wie vor kurzem bekannt wurde, hat eine Gleichstellungskommission festgestellt, dass die Berufung des ehemaligen Kanzlersprechers Etienne Berchtold als Botschafter in den Vereinten Arabischen Emiraten diskriminierend war – ein anderer Bewerber sei geeigneter gewesen. Der Betroffene beschreitet bereits den Rechtsweg. Das Außenministerium weist die Vorwürfe zurück, man habe sich an den Vorschlag der Bestellungskommission gehalten. Doch wie wird eigentlich über die Postenbesetzung entschieden? DER STANDARD beleuchtet einen möglichen Botschafter-Werdegang.

Frage: Welche formalen Kriterien muss man erfüllen, um Botschafter oder Botschafterin zu werden?

Antwort: Um überhaupt für einen Posten für den höheren auswärtigen Dienst infrage zu kommen, ist ein mehrstufiges Auswahlverfahren, auch "A-Préalable" genannt, im Außenministerium nötig. Es besteht aus zwei schriftlichen Prüfungen, in denen Wissen, Sprachfähigkeiten, Gedächtnis und praktische Qualitäten überprüft werden. Die Personen, die dabei am besten abschneiden, werden zu einer mündlichen Prüfung geladen.

Frage: Können alle Personen zum Auswahlverfahren?

Antwort: Nötig ist der Abschluss an einer Hochschule, rein formal egal, in welchem Fachbereich. Zumeist bewerben sich Absolventen der Diplomatischen Akademie Wien (DAK) oder Personen aus den Rechts- und Politikwissenschaften sowie Internationalen Beziehungen. Sofern man nur einen Bachelor besitzt, muss zusätzlich ein Lehrgang an der DAK nachgewiesen werden. Das kann durchaus teuer werden – ein einjähriger Lehrgang kostet fast 15.000 Euro.

Frage: Welche Kenntnisse müssen die Bewerber und Bewerberinnen besitzen?

Antwort: Grundsätzlich werden bei dem Auswahlverfahren Themen aus der österreichischen Geschichte, Wirtschaft, Rechtslehre, Kultur, EU-Politik sowie internationalen Politik geprüft. Um in den höheren Dienst aufgenommen zu werden, müssen auch Fremdsprachenkenntnisse nachgewiesen werden, zumindest in Englisch und Französisch.

Frage: Wer entscheidet nun darüber, wer eine Botschaft leiten darf?

Antwort: Im auswärtigen Dienst gibt es unterschiedliche Ränge, vom Stagiaire über den Sekretär bis hin zum Botschaftsposten. Um mit der Leitung einer Botschaft betraut zu werden, muss eine Begutachtungskommission über die Eignung des Kandidaten beziehungsweise der Kandidatin urteilen. Diese Kommission setzt sich aus Mitgliedern der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, der Personalvertretung und zwei Führungskräften des Außenministeriums zusammen. Sie ist weisungsfrei; ihre Einschätzung wird schließlich an den Minister – in dem Fall Alexander Schallenberg – weitergegeben. Sein Vorschlag muss noch vom Ministerrat abgesegnet werden. Amtlich ernannt wird der neue Botschafter oder die neue Botschafterin durch den Präsidenten.

Frage: Wie sieht der Prozess realpolitisch aus?

Antwort: Nachdem die Gutachten, die von der Kommission vorgelegt werden, nicht veröffentlicht werden, können Bestellungen durchaus undurchsichtig wirken. Einerseits gibt es die klassischen Karrierediplomaten, die nach bestandener Aufnahmeprüfung durch die Ränge des Außenministeriums gehen. Immer häufiger gibt es aber in den letzten Jahren auch die Berufung von Quereinsteigern und Quereinsteigerinnen, die oft aus den Ministerkabinetten in die Verwaltung wechseln. Das fördert den Austausch zwischen Politik und Verwaltung, kann aber auch zu einer Politisierung der Administration führen. Außerdem wird oft fehlende Erfahrung in der Verwaltung kritisiert. Im Übrigen müssen auch sie die eingangs erwähnten Dienstprüfungen ablegen.

Frage: Wie sieht der Job des Botschafters oder der Botschafterin im Alltag aus?

Antwort: Österreich hat über 100 Vertretungsbehörden im Ausland und insgesamt rund 450 Mitarbeitende, inklusive der Bediensteten in der Zentrale in Wien. Das Gehalt im höheren auswärtigen Dienst beginnt bei etwas über 3200 Euro brutto in der Ausbildungsphase. Alle drei bis vier Jahre wechseln die Repräsentanten und Repräsentantinnen ihren Standort – im Übrigen nicht nur die Leiter und Leiterinnen der Vertretungsbehörden. Zwischen Auslandsaufenthalten verbringen Diplomaten und Diplomatinnen immer wieder Zeit in der Zentrale in Wien. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bediensteten in Österreich verwurzelt bleiben. (Tabea Hahn, Anna Sawerthal, 7.2.2023)