"Bei den Senioren sind wir (derzeit noch) relativ großzügig (zu großzügig mE :))", schreibt Edeltraud L. an einen Kollegen. L. war damals noch Leiterin der Abteilung für Einkommens- und Körperschaftssteuern im Finanzministerium. Man stufe "fast alle Dinge, die unter Seniorenerholung und Seniorenbespaßung fallen, als gemeinnützig" ein. In der Folge gibt L. Tipps, wie der Seniorenbund der Definition "gemeinnützig" entsprechen kann. Das war im November 2015 – der Anlass war damals die baldige Einführung der Registrierkassenpflicht.

Ob bzw. dass der Seniorenbund gemeinnützig agiert, ist heute allerdings wieder aktueller denn je. Immerhin sieht der Vorarlberger Seniorenbund darin eine Erklärung dafür, weswegen bis dato fast 200.000 Euro an Steuerabgaben für Einnahmen aus Reiseangeboten und Inseraten für das eigene Magazin nicht geleistet wurden. Der Seniorenbund im Ländle brachte seit August drei Selbstanzeigen ein. DER STANDARD berichtete. In der Zwischenzeit versucht man in Sachen Gemeinnützigkeit auch einen neuen Anlauf beim Finanzamt mit einem Antrag auf Steuerbefreiung, was die Einnahmen aus Reisen betrifft.

Die Fraktionsführerin der Grünen im ehemaligen ÖVP-U-Ausschuss, Nina Tomaselli, interessieren nicht bloß die Steuern. Auch das Magazin des Vorarlberger Seniorenbunds werfe aus ihrer Sicht Fragen auf.
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"Das ist eine weitere Spezialbehandlung, die wir im Untersuchungsausschuss dokumentieren können", poltert die Grüne Nina Tomaselli. "Die ÖVP-Teilorganisation wird vom ÖVP-geführten Finanzministerium beraten, wie sie Steuern sparen kann, während gewöhnliche Bürger aufgefordert werden, brav ihre Steuern zu zahlen."

Interessant ist auch, dass mit der Selbstanzeige des Vorarlberger Seniorenbunds eine Diskrepanz beim Mitgliedermagazin deutlich wird, was die Auflage betrifft. Denn auf der Homepage ist die Rede von 17.000 Mitgliedern, die Auflage soll aber 55.000 Stück betragen haben. Der Grund: Das Magazin wird an alle Vorarlbergerinnen und Vorarlberger über 58 Jahren verschickt. 2019 kam es deswegen zu einer Diskussion, weil nicht alle glücklich mit dieser Zusendung waren. Der Seniorenbund bekommt die Adressen von der Bundeswahlbehörde "quasi frei Haus geliefert, weil er die Teilorganisation einer Partei ist", sagte ein Experte damals.

Tomaselli wirft auch die Frage auf, ob das Magazin etwa auch für ÖVP-Wahlkampfzwecke herangezogen wurde. ÖVP-Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz dementiert das im STANDARD. Auf der Titelseite einer Ausgabe vom Mai 2019 wird allerdings für eine Vorzugsstimme für den ÖVP-Kandidaten Christian Zoll geworben. Tomaselli verweist darauf, dass eine Teilorganisation zwar die Wählerdaten bekommen darf. Ein Verein, wie es der Seniorenbund ja nun betont zu sein, dürfte das aber nicht. Tomaselli hält das für "aufklärungswürdig". Die Grüne ist "nicht sicher, ob da alle Rechenschafts- und Datenschutzverpflichtungen eingehalten worden sind".

Durchleuchtet man die Struktur der Seniorenbünde in den Bundesländern, drängt sich die Frage auf, ob die Steuerversäumnisse in Vorarlberg ein Einzelfall bleiben werden. Immerhin scheint das Prinzip der Bünde von Wien bis Tirol ident. Überall zählen Reisekooperationen zum Sortiment, und jede Landesorganisation bewirbt gleichzeitig jeweils ein eigenes Magazin. Droht dem Seniorenbund also ein noch größeres Problem mit der Finanz?

Die Nuancen der Bünde

In den Bünden geht man zumindest nicht davon aus. Dort wird die bloße Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern betont. Ab dann wird es kompliziert. Während man in Wien erklärt, dass man damit keine Einnahmen generiere und somit keine Umsatzsteuer zu zahlen habe, beruft man sich in der Steiermark auf das "Steuergeheimnis", in Kärnten geht man nicht näher ins Detail, und in Salzburg heißt es, dass für Vermittlungsprovisionen "selbstverständlich" Steuern bezahlt wurden. In Oberösterreich würden die Reisen wiederum über eine eigene GmbH abgewickelt und versteuert.

Ähnlich verhält es sich mit den Magazinen. Im Salzburger Seniorenbund werde für jedes Inserat eine fünfprozentige Werbeabgabe entrichtet, tönt es von dort. In Kärnten, der Steiermark und in Oberösterreich sollen ebenfalls Abgaben geleistet worden sein. In Wien sei das gänzlich die Sache eines Verlags.

Aus Niederösterreich kamen keinerlei Angaben. DER STANDARD wandte sich an die "NÖs Senioren", die zwar Reisepartner samt Magazin bewerben. Auskunft darüber könne aber nur der Niederösterreichische Seniorenbund geben, der an der gleichen Adresse firmiert. Wie übrigens auch die dortige ÖVP. (Lara Hagen, Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, 10.2.2023)